Schweineerzeuger aus den Niederlanden machen gute Geschäfte mit deutschen Schweinemästern. Dennoch gibt es einigen Diskussionsbedarf über die Eigenschaften des Ferkels der Zukunft. Deutsche und niederländische Experten des Schweinefleischsektors trafen sich jüngst zur 9. Bonner Runde, zu der Vee&Logistiek Nederland eingeladen hatte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Brigitte Petersen, stellvertretende Vorsitzende der Forschungsplattform Grenzüberschreitende Integrierte Qualitätssicherung e. V. (GIQS), beleuchteten die Fachleute Optimierungspotenziale bei der Ferkelqualität.
Ferkel aus den Niederlanden sind bei deutschen Mästern gefragt; rund vier Millionen Tiere wurden 2014 eingestallt. „Angesichts dieser beeindruckenden Exportkennziffer muss Deutschland für die holländischen Ferkelerzeuger doch ein wertvoller Markt sein, oder?“, fragte Prof. Petersen die niederländischen Teilnehmer der Bonner Runde. Benny ten Thije, Geschäftsführer des niederländischen Ferkelexportunternehmens Select Porc B.V., entgegnete, dass der deutsche Markt die Branche auch vor Herausforderungen stellt. „Wir müssen die Wünsche der Schweinemäster noch stärker in den Fokus rücken. Hierfür ist ein kontinuierlicher Informationsaustausch unerlässlich.“
Deutsche Schweinemäster wollen gesunde Ferkel einstallen, die gut wachsen. „Gesundheit heißt vor allem, dass die Tiere keine Bakterien-und Virenerkrankungen haben und sie gegen Mykoplasmen sowie Circoviren geimpft sind“, erklärt Dr. Godfried Groenland, Tierarzt und Berater beim holländischen Futtermittelunternehmen De Heus Voeders B.V.
Immer wichtiger wird für die Mäster auch die Übermittlung von Informationen über den Einsatz von Antibiotika in der Ferkelaufzucht. Laut Claus Averdiek-Bolwin, Ferkelvermarkter bei der TDA Viehvermarktung GmbH, werden entsprechende Informationen und Garantien von den Mästern verstärkt nachgefragt: „Wir bestätigen den Abnehmern schriftlich, ob die Ferkel vor der Ablieferung mit Antibiotika behandelt wurden und welche Impfungen sie bekommen haben. Situationen können sich jedoch ändern und deshalb können wir keine Garantien über einen längeren Zeitraum hinweg geben.“
Dr. Verena Schütz vom Deutschen Raiffeisenverband nahm den Faden auf und verwies auf die Aktivitäten in Deutschland, den Niederlanden und in Dänemark zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Ferkelerzeugung und Schweinemast. „Wir müssen uns aber noch mehr Gedanken darüber machen, wie sich die Qualität von Ferkeln noch weiter verbessern lässt und wie man den Tieren den Übergang von der Aufzucht zur Mast erleichtert, ohne solche Mittel einsetzen zu müssen.“
Dr. Marrina Schuttert, Tierärztin und Unternehmensberaterin Schweinesektor beim Veterinair Centrum Someren B.V., verdeutlichte, welche Schlachtdaten man den Ferkelerzeugern und Veterinären zur Verfügung stellen sollte. „Wertvoll sind Informationen über den Tiergesundheitsstatus der Mastschweine, die geschlachtet wurden, wie etwa Befunde der Lunge. Wichtig ist eine zügige Übermittlung der Werte. Nur dann können wirksame Maßnahmen auf den Weg gebracht werden.“
Den Schlachtunternehmen lägen entsprechende Daten vor. „Wir werten diese regelmäßig für unsere Betriebe aus und bieten den Mästern z. B. in Zusammenarbeit mit dem Schweinegesundheitsdienst eine Beratung an“, sagt Tierärztin Dr. Catharina Hölscher von der Tierärztlichen Beratung der Westfleisch eG.
Die Futterverwertung rückt in den Fokus
Beim Verkauf der Ferkel, so Willie-Jan Tomassen, Verkaufsleiter BU Nord Schweinesektor beim deutschen Futtermittelunternehmen ForFarmers GmbH, sind die Tiere mit neuem Stall und Management konfrontiert. „Auch die Futtergrundlage ändert sich. Deshalb müssten Informationen über die in der Aufzucht eingesetzten Futtermittel ebenfalls ausgetauscht werden. Das geschieht aber noch viel zu selten.“
Nach Ansicht von Claus Averdiek-Bolwin muss das Ferkel der Zukunft vor allem einen hohen Gesundheitsstatus und einen guten Wuchs haben. „Immer wichtiger wird der Parameter Futterverwertung, denn die Futterkosten sind ein entscheidender Faktor.“ Benny ten Thije sieht das genauso. „Das Wachstum und die Futterverwertung sind die wichtigsten Kriterien.“ Ingrid Jansen, Vorsitzende der holländischen Produzentenorganisation Schweinehaltung (POV): „Wir wollen, dass die Tiere in Zukunft ihr natürliches Verhalten ausleben können und Eingriffe bei Schweinen nicht mehr erforderlich sind.“
Laut Dr. Jürgen Harlizius, Fachtierarzt für Schweine beim Tiergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, gibt es hierzulande sowie in Skandinavien und den Benelux-Staaten ähnliche Vorstellungen. „Diese Visionen werden aber frühestens in einem Jahrzehnt Realität werden. Wie das Ferkel der Zukunft aussieht, wird sich letztlich an der Fleischtheke entscheiden. Die Verbraucher wollen mageres Schweinefleisch und dann am besten nur edle Teilstücke kaufen.“
Dr. Martin Hamer vom Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg nahm den Faden „edle Teilstücke“ auf. „Wir sollten uns auch die Frage stellen, welche weiteren Kriterien, wie etwa der Eintrag in die Umwelt aus den Betrieben, für den Konsumenten relevant sind. Wie kann man mit neuen Technologien nicht nur versuchen, den Landwirten zu helfen, sondern auch den Bogen zum Konsumenten schlagen? Diese neuen Kriterien für die Ställe bringen es aber auch mit sich, dass die Merkmale der Tiere ebenfalls einer Anpassung bedürfen.“
Foto: Jerzy Sawluk – pixelio.de