2. New Food Festival Stuttgart
Es sieht aus wie in einer normalen Metzgerei: vom Kutter zur Zerkleinerung über den Wurstfüller bis zur Räucheranlage. Fleisch sucht man hier aber vergeblich: Die Salami, die Dr. Lisa Berger am New Food Festival Stuttgart im Technikum der Universität Hohenheim präsentierte, ist vegan. Eine Fleisch-Alternative, die dem Original sehr nahe kommt, aber nachhaltiger ist und veränderten Ernährungsgewohnheiten gerecht wird.
„Die letzten Jahre waren für die gesamte Nahrungsmittelkette extrem herausfordernd: verändertes Konsumentenverhalten, Lockdowns, Lieferengpässe, Ernteausfälle, Fachkräftemangel oder steigende Lebensmittelpreise setzten die Branche enorm unter Druck“, erklärt Mark Leinemann, Vorsitzender des Verbands crowdfoods, dem Haupt-Veranstalter des Festivals. „Und die Zukunft wird nicht leichter. Die Branche muss sich auf neue Gesetze, mögliche Handelskriege und Zollschranken einstellen.“
Kreative Lösungsansätze
Kreative Lösungsansätze für diese Probleme gibt es bereits. Das New Food Festival Stuttgart, das von 4. bis 6. März 2025 an der Universität Hohenheim stattfand, zeigte zahlreiche Innovationen, die zum Teil bereits jetzt ihren Beitrag leisten.
„An der Veranstaltung diskutierten wir Lösungen und erarbeiteten, wie wir unser Ernährungssystem sinnvoll für alle Branchenbeteiligten anpassen und wieder stabilisieren können“, berichtet Prof. Dr. Mario Jekle, Leiter des Fachgebiets Pflanzliche Lebensmittel an der Universität Hohenheim. „Wir können der Branche positive Beispiele für den Systemwandel bieten. Und wir blicken mit Hilfe dieser Lösungsansätze optimistisch in die Zukunft.“
Mutige Ideen gefragt
„Die Region Stuttgart ist eine Region der Innovation, des Mittelstands und der Zukunftstechnologien – und genau das spiegelt das New Food Festival wider. Hier treffen kreative Start-ups auf Spitzenforschung und starke Unternehmen, um nachhaltige Lösungen für die Ernährung der Zukunft zu entwickeln“, erklärt Michael Kaiser, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH. „Angesichts der Klimakrise brauchen wir mutige Ideen und smarte Technologien, um ressourcenschonend und klimafreundlich zu wirtschaften. Das Festival zeigt genau das.“
„In der Landeshauptstadt und der Region Stuttgart sind viele bedeutende Unternehmen der Ernährungswirtschaft angesiedelt, angefangen bei Agrar-Betrieben über Lebensmittelhersteller und -händler, Maschinenbauer, der Verpackungsindustrie und der Gastronomie bis hin zu bedeutenden Forschungseinrichtungen“, betont Konstantin Schneider, Teamleiter Innovation bei der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart. „Mit der Unterstützung des Festivals wollen wir den Wissenstransfer und die Vernetzung dieser Akteure einschließlich der Start‐up Szene fördern und damit die nachhaltige Transformation der Ernährungswirtschaft voranbringen.“
Komplexe Anpassungen
Einer der zentralen Diskussionspunkte in der Konferenz des New Food Festivals war die Frage, wie das Nahrungsmittelsystem auf zukünftige Herausforderungen und Krisen angepasst werden kann und wie komplex diese Anpassung ist. Antworten dazu gaben die Talkrunden zu Food und Handel, die zwei wichtige Erkenntnisse hervorbrachten:
• Es nicht möglich ist, sich explizit auf bestimmte zukünftige und/oder multiple Krisen anzupassen, da man nicht genau weiß, welche dieser Herausforderungen wann, wie und wo auftreten werden. Daher ist es notwendig, das Nahrungsmittelsystem insgesamt flexibler aufzustellen, um schnell reagieren zu können, wie die Innovationsexpertin und ehemalige VP Global Innovation bei Mondelez, Ingeborg Gasser-Kriss, ausführte.
• Egal was auch passiert, eine schnelle Systemanpassung ist jederzeit möglich, wie der Handelsexperte Jonas Kaufmann erläuterte. Beispiele wie etwa der Dubai-Schokolade Trend beweisen, wie schnell unser Nahrungsmittelsystem agieren und sich anpassen kann, wenn es um Umsätze, Gewinne und Kosten geht.
Aufbruchstimmung überall
Die Aufbruchsstimmung ist am New Food Festival Stuttgart überall zu spüren. Ideen und neue Entwicklungen gibt es für die gesamte Foodkette, beginnend mit der Landwirtschaft: Ein Agrar-Roboterhund zeigt sein Können auf vier Beinen. An ihm erforscht die Universität Hohenheim, wie Künstliche Intelligenz (KI) für mehr Nachhaltigkeit in der Nahrungsmittelproduktion sorgen kann.
Startups punkten mit kreativen Produkten aus Resten der Lebensmittelverarbeitung, von deren Qualität und Geschmack sich die Besucher vor Ort überzeugen können. Die Ideen sind vielfältig: Das Startup ValueGrain etwa bereitet Biertreber auf, so dass er zur Herstellung von pflanzenbasierten Fleischalternativen genutzt werden kann. Roots Radicals erzeugt schmackhafte Produkte aus gerettetem Gemüse, das eingelegt und fermentiert wird. Auch Lebensmittel-Verpackungen, Trinkhalme oder Löffel lassen sich nachhaltig herstellen, beweist das Startup Merall Bioproducts. Es produziert aus den Schalenpanzern von Krebstieren Bioplastik.
Für die Gastronomie gibt es ebenfalls neue Konzepte: Mit einer Indoor-Gardening-Lösung zum Beispiel können Restaurants ihre Kräuter selbst anziehen – und frisch auf den Tisch bringen. Und im Handel können smarte Lösungen zur Vermeidung von Verpackungsmüll den Umweltschutz vorantreiben.
Einen Einblick in aktuelle Forschungen gaben die Technika der Universität Hohenheim: Ein 3D-Lebensmittel-Drucker demonstriert das Potenzial dieser Technologie in der Ernährungsversorgung, etwa im Bereich der personalisierten Ernährung oder um weniger Lebensmittel zu verschwenden.
Das ist das New Food Festival
Das New Food Festival Stuttgart fand 2025 zum zweiten Mal statt. Unter dem Motto „Food System (R)Evolution“ trafen sich vom 4. bis 6. März rund 50 Ausstellende und 400 Teilnehmende an der Universität Hohenheim. Darunter Start-ups und Betriebe aus der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, der Gastronomie, Handel, Forschung sowie Investoren aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein.
Hauptveranstalter der Business-Konferenz und -Messe ist der Verband crowdfoods. Mitinitiatoren und Unterstützer sind die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart, die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH und die Universität Hohenheim.
Im kommenden Jahr wird das New Food Festival Stuttgart mit Konferenz und Innovationsmesse in die Fachmesse Intergastra eingebettet und vom 8. bis 10. Februar 2026 als dreitägiges Event an der Messe Stuttgart stattfinden.