Rechtssicherheit für Tierärzt:innen herstellen
Rechtssicherheit, weniger Bürokratie und Erhalt von Notdiensten – das sind die konkreten Ziele der neu gegründeten Leitlinienkommission. Die Kommission adressiert damit ein Problem, das schon seit einiger Zeit in der Tierärzteschaft gärt und nun durch einen strukturierten Dialogprozess wissenschaftliche Erkenntnisse und deren praktische Umsetzbarkeit ins Gleichgewicht bringen soll.
Die Kommission wird von der Bundestierärztekammer e.V. (BTK), der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e.V. (DVG) und dem Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. (bpt) getragen und nimmt am 1. Januar 2025 ihre Arbeit auf. Am 1. November haben die drei Verbandspräsidenten Ltd. VD Dr. Holger Vogel (BTK), Prof. Martin Kramer (DVG) und Dr. Siegfried Moder (bpt) den Kooperationsvertrag am Rande des DVG-Vet-Congresses in Berlin unterzeichnet.
Prozess transparent und demokratisch
Hauptaufgaben der Leitlinienkommission sind sind laut einer gemeinsamen Pressemitteilung der drei beteiligten Institutionen die Erstellung von Leitlinien für die Arbeit von Tierärzt:innen sowie für die Leitlinien selbst. In fachspezifischen Arbeitsgruppen sollen sowohl bestehende Leitlinien überprüft und angepasst, aber auch neue Leitlinien erarbeitet und neue Arbeitsgebiete identifiziert werden, für die die Erstellung von Leitlinien eine Arbeitserleichterung für die Tierärzteschaft darstellen könnte.
Dabei gelte immer das Einstimmigkeitsprinzip. Nur wenn alle drei Verbände zustimmen, könne der Leitlinienprozess gestartet bzw. abgeschlossen werden. Leitlinienentwürfe sollen künftig beim DVG-Vet-Congress und beim bpt-Kongress vorgestellt und diskutiert werden, damit möglichst viele Meinungen aus der Tierärzteschaft mit einfließen. Die DVG übernehme die Verwaltung der Leitlinienkommission und die Aktualisierung der neuen Homepage, auf der künftig die finalen Leitlinien sowie deren Entwürfe veröffentlicht werden.
Weniger Bürokratie angestrebt
Ziel der Leitlinienkommission sei die Herstellung von Rechtssicherheit für Tierärzt:innen. Diese würden sich aktuell vermehrt juristischen Verfahren ausgesetzt sehen, in denen die Leitlinien mangels Alternativen durch Gutachter wie Gerichte als Behandlungsgrundlage herangezogen werden. Dabei würden die Leitlinien ohne eine dringend nötige Prüfung der Umsetzbarkeit unter üblichen Praxisbedingungen angewendet – mit fatalen Folgen für die behandelnden Tierärzt:innen. Dies führe u. a. dazu, dass die Übernahme von Notdiensten zunehmend verweigert wird, weil unter Notdienstbedingungen bestimmte Leitlinienvorgaben schlichtweg nicht erfüllbar sind.
Selbst vollausgestattete Kliniken hätten mitunter Schwierigkeiten, alle Vorgaben zu erfüllen. Gerade in Zeiten von Tierarzt(stunden)mangel müsse aber die Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Notdienstes aus Tierschutzgründen erste Priorität haben. Die Anpassung bestehender Leitlinien sei deshalb unabdingbar. Insbesondere für den Notdienst sollen künftig besondere Regelungen greifen, damit nicht jede Abweichung von einer Leitlinie detailliert dokumentiert und begründet werden müsse. Das spare Zeit, die für die Arbeit am Tier zur Verfügung steht.
Die Idee zur Gründung der Leitlinienkommission sei beim Round Table „Leitlinien – Rechtssicherheit oder Bürokratiemonster?“ beim bpt-Kongress 2023 in München entstanden und sei in den vergangenen Monaten von den drei Verbänden in mehreren Gesprächsrunden konkretisiert worden.
Im Bild oben (von li.): Unterzeichnung des Kooperationsvertrags mit Dr. Siegfried Moder (bpt), Dr. Holger Vogel (BTK) und Prof. Martin Kramer (DVG).