Reißerische Quotenbringer

• Die Fleischbranche steht unverändert am häufigsten im Fokus der TV-Berichterstattung.

• Viele Sender machen in der Programmankündigung mit reißerischen Titeln auf, die auf eine negative Tendenz schließen lassen.

• Öffentlich-rechtliche Sender sind der Haupttreiber bei der kritischen Berichterstattung über die Lebensmittelbranche.

So lauten die drei wichtigsten Ergebnisse einer Untersuchung der Engel & Zimmermann AG, Unternehmensberatung für Kommunikation, die auch 2016 wieder die Fernsehberichterstattung über Lebensmittel untersucht hat. Von 498 erfassten TV-Sendungen liefen 419 auf öffentlich-rechtlichen und 79 auf privaten Kanälen. Auffällig: Insgesamt ließ fast ein Drittel (144) aller erfassten Beiträge bereits im Titel eine negative inhaltliche Tendenz vermuten.

 

„Killerkeime – Droht Gefahr aus dem Tierstall?“, „Die dunkle Seite der Milch“ oder „In unserem Essen versteckt – Über die Jodierung unserer Lebensmittel“: Solche und ähnliche Sendungstitel schüren die Vermutung, dass im Beitrag eine negative Richtung bereits von vornherein feststeht. „Ein reißerischer Titel ist ein Garant für Zuschauerinteresse, den 2016 fast jede dritte Sendung für sich nutzte“, sagt Sybille Geitel, Vorstand von Engel & Zimmermann.

 

Die häufigsten Themen

Ob Würstchen, Tee oder Schokopudding, Fastfood oder Bio-Produkte – alles wird für den Verbraucher getestet und verglichen. Dementsprechend standen auch 2016 Qualitäts-Checks wieder mit großem Abstand an erster Stelle. Im Gegensatz zu 2015 folgten auf Platz 2 allerdings nicht Verbrauchertäuschungen, sondern kritische Inhaltsstoffe bzw. Produktbelastungen. So ging rund jeder achte Beitrag Themen wie Antibiotikarückständen im Schweinefleisch, keimbelastetem Gemüse oder zu hohem Zuckergehalt in Lebensmitteln nach – erwartungsgemäß in meist negativem Tonfall.

 

Demgegenüber stehen auf Platz 3 Beiträge, die sich auf eher neutrale Weise mit Gesundheitsaspekten befassten. Diese nahmen etwa Diät-Trends in den Fokus, befassten sich mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder stellten besonders vitaminreiche Gemüse-Sorten vor. Überraschend: Der Veggie-Trend spielte in der TV-Berichterstattung 2016 nur eine untergeordnete Rolle. Mit nur zehn Beiträgen zu Fleischersatzprodukten oder vegetarischer bzw. veganer Ernährung landete das Thema abgeschlagen auf dem vorletzten Platz in der Häufigkeitsverteilung.

 

„Dass sich im vergangenen Jahr so viele Sendungen um Qualitätschecks, kritische Inhaltsstoffe oder Gesundheitsfragen gedreht haben, zeigt, dass das Thema richtige Ernährung immer mehr an Bedeutung gewinnt und kontrovers diskutiert wird“, resümiert Sybille Geitel. „Mit dieser Entwicklung werden sich viele Lebensmittelhersteller in Zukunft stärker auseinandersetzen müssen.“

 

Öffentlich-rechtliche Aufreger

Die Auswertung der PR-Agentur ergab zudem, dass fast 30 % der Beiträge bereits im Titel deutlich negative Tendenzen zeigten. Besonders auffällig: Sämtliche Aufreger-Themen liefen auf öffentlich-rechtlichen Sendern, die meisten davon im NDR (32), in der ARD (21) sowie im WDR (18) und SWR (17). Hingegen war unter den insgesamt 79 ausgewerteten Beiträgen von privaten Sendern kein einziger mit einem kritischen Titel.

 

(In der Grafik: Verteilung der Beiträge auf die Sender, mit kritischem Titel rot, mit unkritischem blau)

 

Vermutlich repräsentiert dies das Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der sich „ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichtet“ und „insbesondere starke Informationsangebote als Markenzeichen“ betrachtet. Und dass gerade Verbrauchermagazine oft kritisch berichten, zeigen die Ergebnisse: Die meisten Beiträge mit Negativ-Titeln erschienen im Rahmen des Formats NDR Markt (22). An zweiter und dritter Stelle folgten die Sendungen m€x – Das Marktmagazin (13) und Marktcheck (11) und mit etwas Abstand X:enius, W wie Wissen, Plusminus und 45 min. Formate wie Galileo auf ProSieben oder Abenteuer Leben von Kabeleins hingegen stellen bei Lebensmittelthemen eher den Unterhaltungswert und Service-Aspekte in den Mittelpunkt. Häufige Inhalte waren hier z. B. Food-Trends oder Wissensthemen.

Fleischbranche noch immer im Fokus
Zwar stand auch im Jahr 2016 die Fleischbranche wieder am häufigsten im Fokus der Berichterstattung, die Anzahl der Beiträge zu Fleisch- und Fleischersatzprodukten beziehungsweise Tierhaltungsfragen ist mit 71 jedoch deutlich zurückgegangen (Vorjahr: 88 Beiträge). Zahlenmäßig stark aufgeholt hat hingegen die Obst- und Gemüse-Branche: Mit 61 Sendungen liegt diese noch deutlich vor Getränken (33) und Molkereiprodukten (26).

 

Bei den ausschließlich negativ betitelten Beiträgen fällt auf: Mit einem Anteil von 20 % scheint ein Großteil der Kritik nach wie vor die Fleischbranche zu treffen. 2016 wurden dabei insbesondere Produktbelastungen – etwa durch Antibiotika oder unzureichende Hygienekontrollen – sowie Tierhaltungsverstöße thematisiert. Molkereiprodukte folgen an zweiter Stelle, die Obst- und Gemüsebranche auf dem dritten Platz.

 

Über das TV-Monitoring

Über das gesamte Jahr hinweg hat Engel & Zimmermann die im Fernsehen ausgestrahlten Beiträge rund um die Lebensmittelindustrie ausgewertet – Verbrauchermagazine, Reportagen, Talkshows, Dokumentationen und weitere Formate quer über alle Fernsehsender. Wiederholungen wurden nicht mitgezählt. Insgesamt flossen diesmal 498 TV-Beiträge in die Auswertung ein. www.engel-zimmermann.de

 

 

Fotos: Arte/YouTube/Engel & Zimmermann AG

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