Tierwohl

Tierwohl-Studie überrascht

Nur wenige Verbraucher/-innen zahlen mehr für Tierwohl bei Schweinefleisch. Das ergab eine aktuelle Studie der Hochschule Osnabrück in Edeka- und NP Discount-Märkten. Die Studie ergab, dass 16 % der Kunden im Einzelhandel dazu bereit sind, einen Tierwohlartikel (in Form verpackter Ware) anstatt konventionell erzeugter Ware zu kaufen. Tierwohl-Siegel hatten dabei nicht durchgängig einen positiven Einfluss auf die Kaufbereitschaft. Zudem wurden nur Preisaufschläge von etwa 30 ct für einen mittelpreisigen Schweinefleisch-Artikel akzeptiert, der nach Tierwohl-Standards produziert wurde. Das entspricht einer Preiserhöhung von 9 bis 13 % je nach Ausgangspreis des Artikels.

„Die Ergebnisse haben uns überrascht“, kommentiert Prof. Dr. Ulrich Enneking von der Hochschule Osnabrück. „Bisherige Umfragen haben ergeben, dass viele Verbraucher grundsätzlich bereit sind, deutlich mehr Geld für Fleisch auszugeben, wenn es nach höheren Tierwohl-Standards produziert wurde. Wir wissen jetzt, dass die beobachtete Realität beim tatsächlichen Kaufverhalten differenzierter und komplexer ist. Die grundsätzliche Bereitschaft, im Test mehr Geld für solches Fleisch auszugeben, ist nur bedingt ausgeprägt.“ Das geringe Kaufinteresse steht im Widerspruch zu den Ergebnissen der parallel durchgeführten Befragung im Kassenbereich. Hier gaben deutlich mehr Verbraucher an, Tierwohlprodukte zu bevorzugen.

Über 18.000 Käufe

Im Praxistest wurde der Abverkauf von SB-Ware bei Bratwurst, Minutensteak und Gulasch aus Schweinefleisch der Preiseinstiegsmarke „Gut und Günstig“ und der Bio-Premiummarke „Bio Janssen“ mit einem neuen Produkt im mittleren Preissegment mit Tierwohl-Siegel verglichen. Von den neun Testprodukten wurden im neunwöchigen Testzeitraum in Summe mehr als 18.000 Produkte in 18 Edeka- und NP Discount-Märkten verkauft. Bei 16 % der Käufe fiel die Entscheidung auf den Tierwohl-Artikel. Bei merklich höheren Preisaufschlägen, z. B. 26 % für Gulasch, sowie kleineren Erhöhungen gingen die Absätze deutlich zurück.
Der Professor fordert weitere Forschungsanstrengungen, insbesondere unter Einbezug des realen Kaufverhaltens. Die ermittelten Kaufbereitschaften könnten sich durch die Einführung eines etwa staatlichen Tierwohllabels durchaus positiver entwickeln, sofern es eine hohe Verbraucherbekanntheit und -akzeptanz aufbaut.

Die Studie wurde von Prof. Dr. Ulrich Enneking konzipiert und von der Initiative Tierwohl unterstützt und finanziell gefördert. Die Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover stellte für die Untersuchung acht Märkte sowie die getestete Ware zur Verfügung. Ausführliche Ergebnisse gibt es hier.

Hintergrund:
Für die Studie wurde zwischen dem 15. Oktober und 15. Dezember 2018 das tatsächliche Kaufverhalten von Verbraucher/-innen in 18 Edeka- und NP Discount-Märkten der Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover untersucht. Dabei wurde die neueingeführte Ware nach der Hälfte der Testzeit als Tierwohlware mit Tierwohl-Siegel sowie „Vor-Ort-Informationen“ in Form von Deckenhängern und Flyern zum Tierwohl neu positioniert. Das Fleisch für die Tierwohl-Produkte stammte von Bauern, die ihren Tieren mehr Platz, Beschäftigungsmöglichkeiten und einen komfortableren Stallboden boten als gesetzlich vorgeschrieben. Zudem wurde der Preis in drei Stufen verändert, um Aussagen zur Preissensibilität der Käufer/-innen zu treffen. Neben dem Verkaufstest ergänzte eine wissenschaftliche Befragung im Kassenbereich das Experiment. Dabei wurde eine Differenz zwischen Kaufbereitschaft und Umfrageergebnissen nachgewiesen.

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