Hochwertige Produkte und persönliche Beratung stehen zum Weihnachtsgeschäft besonders hoch im Kurs. Das bestätigen auch Marcel Fesenbeck und Cristian Hartmann von Kaufland.
Der gelernte Metzger und Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologe Marcel Fesenbeck verantwortet als Bereichsleiter Category Management Fleischwaren das Fleischsortiment von Kaufland in Deutschland – sowohl in Selbstbedienung als auch an den Frischetheken. Cristian Hartmann, Kaufmann im Lebensmitteleinzelhandel und Fleischsommelier, verantwortet die Frische in den Filialen bei Kaufland in Deutschland. Im Interview erklären beide Experten, welche Rolle das Jahresendgeschäft bei Kaufland spielt.
Wie wichtig ist das Weihnachtsgeschäft für den Fleischverkauf an den Frischetheken?
Hartmann: Das Weihnachtsgeschäft spielt für uns eine zentrale Rolle. Neben Ostern und der Grillsaison ist es das wichtigste Saisongeschäft im Jahr. Gerade an Weihnachten legen unsere Kundinnen und Kunden besonderen Wert auf hochwertige Produkte und auf persönliche Beratung. Zum Festessen will man mit der Familie etwas Besonderes erleben – und für viele ist das gute Essen die Basis dafür. Entsprechend hoch ist die Bedeutung des Thekengeschäfts in dieser Zeit.
Fesenbeck: Man sieht die Relevanz auch daran, dass Weihnachten einer der wenigen Anlässe ist, zu denen der gesamte Handel groß angelegte Kampagnen fährt – inklusive TV-Spots. Nahezu jeder Wettbewerber hat seine eigene Weihnachtskampagne.
Für uns bei Kaufland ist die Weihnachtszeit – oder wie wir sagen, das Jahresendgeschäft – mit die wichtigste Phase des Jahres. Da kommt es wirklich darauf an, „auf den Punkt“ da zu sein: in Beratung, Service und Warenverfügbarkeit. Damit an der Weihnachtstafel das Essen in puncto Geschmack und Qualität perfekt ist.
Inwiefern unterscheidet sich die Bedientheke in der Weihnachtszeit vom restlichen Jahr?
Hartmann: Der Hauptgrund, warum Kundinnen und Kunden an die Theke kommen, ist die Beratung. Viele haben ein großes Vertrauen zu „ihrer“ Stammverkäuferin oder „ihrem“ Stammverkäufer. Das merken wir auch daran, dass Vorbestellungen stark zunehmen. Viele Kunden gehen gezielt zu den Mitarbeitern, die sie kennen, und sagen: „Schneid mir ein schönes Stück zurecht.“
Das ist ein großer Vertrauensbeweis, zumal der Kunde die Ware bei Vorbestellungen ja oft erst zu Hause sieht. Viele wollen kurz vor Weihnachten alles entspannt vorbereiten und nutzen gezielt unseren Service: schnell rein, vorbestellte Ware abholen, wieder raus.
Gleichzeitig spielt das Thema Herkunft und Tierwohl eine große Rolle: Wir arbeiten mit langjährigen Vertragslandwirten, haben Haltungsform-Stufe 3 und damit ein klar definiertes Qualitätsversprechen. Die Nachfrage nach deutscher Ware, nach Nachvollziehbarkeit und Nachhaltigkeit ist hoch.
Fesenbeck: Dazu kommt: Wir feiern nächstes Jahr das zehnjährige Jubiläum unserer Tierwohl-Eigenmarke „K-Wertschätze“. Wir haben über 100 Vertragslandwirte allein im Schweinefleischbereich, sichern darüber Rohstoffe und pflegen langjährige Partnerschaften. In unseren eigenen Fleischwerken werden diese Rohstoffe zerlegt, Zuschnitte und Qualitäten definiert und die Frische sichergestellt.
Gerade an Weihnachten gilt: Wenn es darauf ankommt, kaufen die Kunden an unseren Fleischtheken, weil sie wissen, dass sie dort gute Beratung und Qualität bekommen. Im SB-Fleisch ist das ebenfalls wichtig, aber an der Theke kommt der kommunikative Aspekt hinzu: Welche Teilstücke passen zu meinem Anlass? Welcher Garpunkt? Wie lange? Welche Beilage oder welcher Wein? Alle diese Fragen können unsere Kollegen an den Theken beantworten – und genau diesen Mehrwert schätzen unsere Kunden.
Wie früh beginnt bei Ihnen die Planung für das Saisongeschäft rund um Weihnachten?
Fesenbeck: Man könnte sagen: Nach Weihnachten ist vor Weihnachten. Direkt nach dem Weihnachtsgeschäft machen wir eine Nachbetrachtung: Was lief gut, was weniger gut, was können wir verbessern? Das passiert im Januar, solange alles noch frisch im Kopf ist, und wir holen uns Feedback aus allen Bereichen.
Die eigentliche Vorplanung beginnt dann im Juni oder Juli. Gerade internationale Spezialitäten, die unser Sortiment ergänzen, haben lange Vorlaufzeiten. Eine Lammkeule aus Neuseeland wird zum Beispiel im Juli/August gekauft und bestellt, damit sie per Seeweg rechtzeitig ankommt.
Für die Hot Days vor den Feiertagen bereiten wir uns professionell vor, indem wir Rohstoffe sichern, mit Lieferanten verhandeln, Kapazitäten planen. Unsere Vertragslandwirte und die langfristige Planung sind eine solide Basis.
Wann startet die Kommunikation nach außen – TV-Spots, Aktionen, Promotion?
Fesenbeck: Für die Kundinnen und Kunden wird das meist im November sichtbar. Dann starten die großen Weihnachtskampagnen – je nach Wettbewerber etwas unterschiedlich.
Im Hintergrund arbeitet das Marketing aber das ganze Jahr über an Konzepten, Auswertung der Reichweiten, Erfolgsanalysen, Wiedererkennungswert und Markenstärke.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Übergang von der Grillsaison zur Herbst-/Wintersaison: Ab Ende September/Anfang Oktober beginnt diese Phase. Was wir dort an neuen Trends oder Themen sehen, kann in gewissem Rahmen noch ins Weihnachtsgeschäft einfließen. Die langfristigen Weichen sind da aber bereits gestellt.

„Gerade an Weihnachten darf es lieber ,ein bisschen mehr‘ sein. Da wird bewusst in bessere Qualität investiert.“
Cristian Hartmann
Welche Fleischsorten oder Produkte liegen zu Weihnachten besonders im Trend?
Hartmann: Es sind tatsächlich die Klassiker, die besonders stark laufen: Rinderrouladen sind einer der Top-Artikel bei uns. Danach folgen Rinderfilet, Schweinefilet, Roastbeef, Entrecôte und andere Edelteile vom Rind.
Wir bieten zum Jahresendgeschäft außerdem Wild an der Bedientheke an, was eine hohe Nachfrage hat, und runden das Sortiment mit internationalen Spezialitäten ab.
Hinzu kommen auf Kundenwunsch und per Vorbestellung frische Gänse. Diese können unsere Kundinnen und Kunden ganz einfach über einen QR-Code vorbestellen und können sie dann bequem in der Filiale abholen. Für Kundinnen und Kunden, die nicht online unterwegs sind, nehmen wir die Vorbestellung natürlich auch gerne direkt an der Bedientheke auf.
Beobachten Sie Veränderungen im Einkaufsverhalten Ihrer Kundschaft – zum Beispiel kleinere Portionen, mehr Premium, mehr Convenience?
Hartmann: Generell sehen wir eine Verschiebung in Richtung hochwertiger Ware. Natürlich spielt für viele der Preis eine Rolle, aber gerade an Weihnachten darf es lieber „ein bisschen mehr“ sein. Da wird bewusst in bessere Qualität investiert. Fertig-Convenience spielt an der Theke und auch im SB-Bereich zum Jahresende eher eine untergeordnete Rolle. Es geht nach wie vor stark um klassische Fleischstücke, die zu Hause zubereitet werden.
Fesenbeck: Im internationalen Vergleich, etwa mit den Niederlanden oder Großbritannien, ist Deutschland beim Convenience-Anteil eher zurückhaltend. Unsere Kundinnen und Kunden legen größeren Wert auf Naturware, Qualität, Herkunft und Haltungsform.
Deshalb haben wir unser Sortiment an der Theke klar ausgerichtet: Schwein, Rind, Lamm und Kalb an der Bedientheke kommen aus Deutschland. Beim Schwein und Rind arbeiten wir im Basissortiment ausschließlich mit Haltungsform-Stufe 3 und Vertragslandwirten.
Beim Thema Convenience haben wir gelernt, dass zu stark vorverarbeitete Produkte – etwa fertig gefüllte Rouladen – nicht überall funktionieren, weil es regionale Unterschiede bei Füllungen und Rezepturen gibt. Die klassische Naturroulade, bereits fachgerecht geschnitten, läuft deutschlandweit deutlich besser. Die individuelle Würzung und Füllung überlassen wir bewusst unseren Kundinnen und Kunden.
Spielt pflanzenbasierter Fleischersatz an der Bedientheke mittlerweile eine Rolle?
Hartmann: An der Bedientheke: nein, absolut nicht. Im SB-Bereich ist pflanzenbasierter Fleischersatz selbstverständlich ein Thema – dort haben wir ein klar strukturiertes Sortiment, u. a. mit unserer Eigenmarke „K-take it Veggie“. Das läuft das ganze Jahr über. Aber an der Frischetheke spielt Plant-Based aktuell keine Rolle.
„In der Weihnachtszeit kommt es wirklich darauf an, auf den Punkt da zu sein: in Beratung, Service und Warenverfügbarkeit.“
Marcel Fesenbeck
Wie sieht die Sortimentsgestaltung in der Hochsaison aus? Erweitern Sie das Angebot oder fokussieren Sie sich auf bestimmte Spezialitäten?
Fesenbeck: Grundsätzlich bieten wir an Weihnachten kein komplett anderes Sortiment an als im Oktober oder während der Adventszeit. Es gibt einige saisonale Ergänzungen wie Gänse oder Wild, aber die Basis bleibt dieselbe.
Der entscheidende Unterschied liegt in Warenpräsenz und Warenversorgung: Die Nachfrage nach Edelteilen steigt, etwa für Braten, Fondue oder Raclette, was viele eben nur im Dezember auf den Tisch bringen.
Wir stellen uns darauf ein, indem wir bestimmte Teilstücke breiter platzieren und in unseren Fleischwerken durch Reifezeiten und Rohstoffbündelung Bestände aufbauen. Gleichzeitig können wir die Schlachtzahlen nicht beliebig erhöhen, sondern müssen das Angebot und die Kapazitäten realistisch einplanen.
Gibt es regionale Unterschiede in den Vorlieben Ihrer Kundschaft?
Hartmann: Ja, die gibt es. In Schwaben sind zum Beispiel Saitenwürstchen mit Kartoffelsalat ein Klassiker an Weihnachten. Das ist aber nicht nur ein süddeutsches Phänomen – Kolleginnen und Kollegen berichten, dass es auch in Teilen Ostdeutschlands sehr beliebt ist. Wildgerichte mit Rotkohl und Klößen sind ebenfalls typische Festessen, die regional unterschiedlich ausgeprägt sind.
Fesenbeck: Was für den Schwaben der Zwiebelrostbraten ist, ist für den Berliner vielleicht eher das Rumpsteak – jedes Gebiet hat seine „Lieblingsstücke“. Solche Unterschiede berücksichtigen wir in der Sortimentsplanung und in der Beratung vor Ort.
Welche Rolle spielt die persönliche Beratung durch das Thekenpersonal gerade im Weihnachtsgeschäft?
Hartmann: Eine entscheidende. Vertrauen ist hier das Schlüsselwort. Besonders häufig geht es um die Frage: „Wie viel soll ich denn kaufen?“ oder „Welche Menge brauche ich für sechs Personen?“ Da zählt die Expertise unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enorm.
Fesenbeck: Dazu ergänzend: Gute Beratung funktioniert nur, wenn genügend Mitarbeiter da sind. Gerade im Jahresendgeschäft achten wir sehr darauf, an der Theke maximal besetzt zu sein. Das ist quasi das Einmaleins des Handels: Ich kann nur verkaufen und beraten, wenn auch Menschen da sind, die das tun.
Deshalb ist das Thema Personalplanung – inklusive Urlaubsplanung – bereits ein wichtiger Teil der Weihnachtsvorbereitung. Ostern, Grillsaison, Weihnachten – das sind Phasen, in denen wir als Händler präsent sein müssen.
Bereiten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter speziell auf die erhöhte Nachfrage und besondere Kundenwünsche vor?
Hartmann: Ja. Wir haben in Deutschland Fachexperten, sogenannte „Frischetrainer“, die mehrere Filialen betreuen. Sie gehen vor dem Jahresendgeschäft gezielt in die Märkte und schulen noch einmal die entscheidenden Punkte. In jedem Team gibt es natürlich auch langjährige, erfahrene Mitarbeiter, die die Frischetrainer dann zusätzlich unterstützen.
Wie gehen Sie mit dem Thema Nachhaltigkeit und Vermeidung von Lebensmittelverschwendung an der Theke um?
Fesenbeck: Wir haben intern den Grundsatz: Kaufland vernichtet keine Lebensmittel. Das umfasst auch das Thekensortiment.
Entlang der gesamten Prozesskette – eigene Fleischwerke, eigene Logistik, Warenfluss- und Bestellsysteme, Expertise im Markt – sind unsere Prozesse so ausgelegt, dass wir den Bedarf sehr gut treffen. Märkte können innerhalb von 48 Stunden nachbestellen oder reduzieren.
Durch unsere eigenen Fleischwerke und Logistikstandorte haben wir zudem die Möglichkeit, Ware innerhalb Deutschlands umzuverteilen, wenn sie in einem Markt besser läuft als in einem anderen. Da ist das Tier natürlich längst geschlachtet und das Fleisch zerlegt – vielfach schon seit rund 14 Tagen in der Reifung, damit das Steak später zart ist. Deshalb spielen Erfahrungswerte eine große Rolle. Und am Ende ist der Mitarbeiter an der Theke das letzte Glied in der Kette: Er kennt die Bestände im Kühlhaus und in der Auslage und kann im Gespräch aktiv steuern, welche Artikel stärker angeboten werden.
Hartmann: Ein wichtiges Instrument ist unser geschlossenes Warenwirtschaftssystem – auch an den Bedientheken. Wir können tagesgenau auf Kilobasis sehen, welche Bestände in welcher Filiale vorhanden sind. Selbstverständlich nutzen wir die Abverkaufsdaten aus den vergangenen Jahren, um die Planung zu verfeinern. Falls ein Artikel in einer Filiale einmal zu reichlich vorhanden ist, kann der Preis rechtzeitig reduziert und der Artikel aktiv angeboten werden.
Die Logistik plant vorausschauend und arbeitet mit flexiblen Prozessen. Unsere Märkte werden im Frischebereich täglich beliefert. Die LKWs sind so konzipiert, dass Frische-, Tiefkühl- und Trockensortiment mit Trennwänden kombiniert transportiert werden können – so fahren wir mit voll ausgelasteten LKWs.
Welche Rolle spielen Vorbestellungen und Online-Services mittlerweile – auch im Hinblick auf Ihre Planung?
Hartmann: Vorbestellungen werden von Jahr zu Jahr stärker genutzt und erleichtern uns die Planung sensibler, frischer Ware.
Wir könnten das Weihnachtsgeschäft zwar auch rein auf Basis historischer Abverkäufe und Prognosen abwickeln, aber Vorbestellungen sind ein zusätzlich wertvolles Instrument – sowohl für die Mengensteuerung in der Filiale als auch für den Service.
Wir bewerben das offensiv, im Handzettel und mit Flyern an den Bedientheken, wir testen aber auch Online-BestellmöglichkeitenIn der Praxis wird aber nach wie vor sehr viel klassisch mit Stift und Zettel vor Ort bestellt.
Die größte Rolle spielt dabei die Vertrauensbasis: Wenn Kundinnen und Kunden nach Weihnachten zurückkommen und sagen: „Das war ein tolles Stück Fleisch“, freut sich das gesamte Team.
Fesenbeck: Vorbestellungen haben vor allem zwei Vorteile:
Für die Kundschaft: Wer vorbestellt, erhält die gewünschte Ware fertig verpackt einfach über die Theke gereicht und spart dadurch Zeit.
Für den Markt: Je mehr Vorbestellungen vorliegen, desto besser lässt sich der Personaleinsatz planen– denn alle Bestellungen werden im Vorfeld vorbereitet.
Auf die grundsätzliche Rohstoffbeschaffung für das Weihnachtsgeschäft haben Vorbestellungen allerdings nur begrenzten Einfluss – dafür kommen sie zeitlich zu spät. Die Entscheidungen über Mengen und Rohstoffe werden schon Monate vorher getroffen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Michael Teodorescu

