Herrn Bundeskanzler
Gerhard Schröder
Bundeskanzleramt
Schloßplatz 1
10178 Berlin
Frankfurt, dem 1. Januar 2001
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schröder,
als Köchinnen und Köche haben wir die verantwortungsvolle Aufgabe übernommen, den Menschen gesunde, wohlschmeckende Nahrung zuzubereiten und ihnen damit tagtäglich Freude am Essen zu schenken. Die erschreckenden Vorfälle im Zusammenhang mit der Rinderseuche BSE haben ihre unmittelbaren Auswirkungen daher auch auf unseren Berufsstand.
Betroffen sind Berufskollegen aus allen Sparten von der Gastronomie bis zur Gemeinschaftsverpflegung. Beunruhigte Gäste, Besucher von Mensen, Kantinen, Patienten in Heimen, Krankenhäuser usw. fordern Aufklärung über die verwendeten Lebensmittel. Genau wie Landwirte und Nahrungsmittelproduzenten sind die Köche mit den Forderungen der Konsumenten konfrontiert, die ungetrübten Essensgenuß statt Mahlzeiten mit dem Risiko einer Gesundheitsgefährdung verlangen. Die Mehrzahl meiner Berufskollegen verfügt über enge Kontakte zu Erzeugern sowie zu Lebensmittelherstellern und kann bis zu einem gewissen Grad für die Qualität der Produkte gerade stehen. Dennoch kann es zum jetzigen Zeitpunkt keine Sicherheit geben, dass wir BSE-freies Rindfleisch verarbeiten.
Mangelnde wissenschaftliche Erkenntnisse, immer neue, zum Teil widersprüchliche, Meldungen bis hin zur Offenlegung von Versäumnissen in Ministerien erschüttern das Vertrauen von Köchen und Konsumenten täglich weiter. BSE – seit 1988 ein Thema – steht in einer Reihe von Vorfällen und Skandalen, die in der – auch an die Köche – gerichteten Frage gipfelt: Was kann man überhaupt noch essen?
Wir als Köche begrüßen Ihre Forderung nach einer “Perspektive für eine andere, verbraucherfreundliche Landwirtschaft”. Wir sehen die Verantwortung der Landwirte, der Wirtschaft, Wissenschaft und Medizin, sich den Fragen zur Lebensmittelsicherheit, Genveränderungen und Tierhaltung zu stellen und Veränderungen herbeizuführen. Nicht nur allein in Deutschland, sondern auf europäischer Ebene muss über BSE, Lebensmittelsicherheit und eine Reform der Agrarpolitik verhandelt und klare Richtlinien erlassen werden. Vordringlich sind daher die Instanzen gefordert, welche die Rahmenbedingungen schaffen: die Politik.
Im Namen des Verbandes der Köche Deutschlands e.V. und des Weltbundes der Köche WACS fordere ich Sie daher auf, für die Produktion gesunder? Lebensmittel und Grundprodukte gesetzliche Richtlinien über die bislang bestehenden hinaus zu schaffen, ein geeignetes Kontrollsystem einzurichten? und die wissenschaftliche Forschung voranzutreiben.?
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schröder, wir wollen Sicherheit für die Köchinnen und Köche, die nach den Bauern und den Lebensmittelproduzenten als Verantwortliche für gesundes und bekömmliches Essen im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen. Im Namen des Verbandes der Köche Deutschlands e.V. und als Präsident des Weltbundes der Köche WACS erwarte ich Ihre Stellungnahme.
Hochachtungsvoll
Dr. h.c. Siegfried Schaber
Präsident des
Verbandes der Köche Deutschlands e.V.
und des Weltbundes der Köche
(World Association Of Cooks Societies – WACS)