Aus London für GV-net: Kathrin Singer
London. Die Briten sind als Teetrinkernation bekannt. Drei Viertel der Engländer trinken jeden Tag durchschnittlich 3,4 Tassen Tee. Der hohen Teekonsum geht auf die Frau Charles II., Königin Cathrin, zurück, die Teetrinken 1660 am Hofe einführte. Und auch der Afternoon-Tea hat seinen Ursprung auf der Insel. Um 1800 erfand die 7.Gräfin von Bedford den Afternoon-Tea.
Versucht man jedoch heute seiner Teebegeisterung in den britischen Städten nachzugehen, wird man oft bitterlich enttäuscht. Teehäuser gibt es kaum noch, gute Teestuben sind so rar, dass sie bereits als Insidertipps gehandelt werden und auch die Qualität der Teezubereitung lässt meistens zu wünschen übrig: Teebeutel plus heißes Wasser drauf, viel mehr ist meist nicht zu erwarten.
Bei dem heutigen hohen Standard der Restaurants, Cafeshops und Sandwichbars ist das eigentlich erstaunlich – fanden die Briten, vor allem auch die erwartungsvollen Touristen und letztendlich auch die Geschäftsleute. Und so kam seit Anfang des Jahres endlich Leben in das Teegeschäft. Im März 1999 eröffnete “Whittard of Chelsea”, die Firma beschäftigt sich bereits seit 1886 mit dem Produkt Tee, in der Londoner Bakerstreet Nummer 72 die erste t-bar. Der Kommentar der Firma dazu: “Wir haben den Aufstieg der Cafeshops in ganz Großbritannien erlebt, nun ist die Zeit des Tees gekommen”. Die t-bar ist ein phantastischer Ort, um sich zu entspannen, Freunde zu treffen und Tee zu trinken. Vorbei ist die Zeit der Blümchentischdecken.
Die Bar ist 100 Prozent modern. Helles modernes Interieur, Sofas, Polsterstühle, Beanbags und japanische Teetischchen tragen zu der informellen Atmosphäre bei. Die Kunden können zwischen 45 verschiedenen Sorten von Tee wählen. Sticky Toffee Pudding für die Wagemutigen, Schießpulver für die Feurigen. Nach Whittard verstand auch Richoux, das der neue Trend nicht allein im Kaffeegeschäft liegt, sondern zumindest eine Kombination von beidem notwendig ist. In London führt die Firma einmal die sogenannten “Richoux cafe & tea room”, eines in der Picadilly Street, ein zweites in Kensington sowie die “Richoux restaurant, cafe & tea room”.
Wirklich einzigartig ist jedoch das neue Brooke Bond Teebarkonzept namens Ch`a. Im Gegensatz zu den anderen Firmen, die mit ihren Neueröffnungen vor allem auch ihre Marken promoten wollen, findet man bei Ch`a kaum einen Hinweis auf Brooke Bond. Es geht vor allem darum, das Trinken von Tee – und damit sind lose Blätter und keine Teebeutel gemeint – wieder zu beleben. Ihr erstes Teehaus wurde im Mai in Brighton eröffnet, das zweite folgte bereits im Sommer in der britischen Hafen- und Studentenstadt Bristol. Ausgangspunkt für Ch`a, so deren Brightoner Managerin Maria Grieco, war das “Zugeständnis, dass der Teekonsums im Niedergang begriffen ist, dass es nicht trendy und erst recht nicht sexy ist, Tee zu trinken.
Dennoch wollten wir das Image des Tees verändern, so wie es bereits mit Olivenöl geglückt war, mit Wein oder Kaffee”. Etwas beunruhigt auf Grund des allgemein sinkenden Teekonsums doch inspiriert durch den Erfolg der Cafébars entschied die Mutterfirma, Van den Bergh, nach 15 Monaten Forschungsarbeit das neue Konzept, das nicht an die traditionellen Teehäuser sondern an die modernen Cafébars angeknüpft, in Brighton zu testen. Eine Überzeugung stand dabei immer im Mittelpunkt: Jedes Catering ist nur dann erfolgreich, wenn man den Menschen etwas Besseres oder Anderes bieten kann, als was sie bereits zu Hause haben.
Für die Cafébars war die Espressomaschine das entscheidende Instrument für den Erfolg. Ch´a hofft nun, das die von Design Bridge und Design Stream entwickelte “Tea-Bird” Maschine ähnliche Wunder für die Teebars bewirken wird. Tatsächlich ist die Maschine ein zentraler Punkt des Konzepts. Zum einen wegen ihres sehr imposanten 50ger Jahre Designs, zum anderen weil sie individuell in nur einer Minute einen vorzüglichen frisch gebrühten Tee zubereitet. Bei Ch´a sind 14 verschiedene Teesorten im Angebot. Von einfachen Teebeuteln bis Frappes ist alles zu haben.
Am meisten gefragt ist der gewürzte ch`a, die indisches Art Tee zuzubereiten mit schwarzem Tee, süßen Gewürzen und schaumiger Milch, serviert mit Zimt und Muskat. Besonders überrascht ist man in Ch`a jedoch, dass nach so kurzer Zeit die ungewöhnlichen, oftmals exotischen Angebote bei den Kunden so gut ankommen. Keiner hätte geglaubt, dass kalter Darjeeling mit gefrorenen Himbeeren und Joghurt der absolute Renner werden wird. Tatsächlich stellen die sogenannten Frappee-Tees inzwischen 27 Prozent der verkauften Getränke dar. Der Beuteltee für die ganz Eiligen ist ebenfalls im Angebot, gefragt wird danach jedoch kaum noch.
Neben dem modernen witzigen Design (die Türgriffe sind in Löffelform und die Lampen sehen wie auf dem Kopf stehende Teetassen aus), das auf die verschiedenen Bedürfnisse eingerichtet ist – auf die Eiligen genauso wie auf diejenigen, die bei einem Glas Tee entspannen wollen oder Unterhaltung suchen, wurde weder Mühe noch Geld gespart, um auch dem Personal den richtigen Look für die neuen Bars zukommen zu lassen. Sie wurden zwei Wochen ausgebildet – in der Geschichte und Wissenschaft des Tees, in der Präsentation des neuen Produkts, in der Kommunikation mit den Kunden.. Wird das Konzept von Ch`a von den Briten angenommen, ist Unilever – der Konzern der hinter dem Projekt steht – bereit, das Ganze zu einer Kette auszuweiten.
Richoux, Restaurant, Cafe&Tea Room
41a South Audley Street, Tel: 0171 629 5228
172 Picadilly, Tel.: 0171 493 2204
86 Brompton Road, Tel: 0171 8300
Richoux Cafe&Tea Room
171 Picadilly Tel: 0171 629 4991
28a Kensington Church Street, Tel: 0171938 2880
t-bar
72 Baker Street, Tel: 0171 819 6415
Ch`a
22 North Street, Brighton, Tel: 01273 730 218
82 Park Street, Bristol, Tel: 0117 929 1097