Rohschinken Kristallbildung

Mehr als ein Schönheitsfehler

Forschungsprojekt: Kristallbildung bei Rohschinken verstehen und vermeiden

Während weiße Kristalle in Rohschinken in südlichen Ländern als Zeichen traditioneller Reifung gelten, sorgen sie hierzulande häufig für Verunsicherung. Verbraucherinnen und Verbraucher interpretieren die Beläge an der Oberfläche oder Kristalle im Inneren oft als Hinweis auf Verderb oder mangelhafte Qualität. Die Folgen: Reklamationen, Vertrauensverlust und ein wirtschaftlicher Schaden für die Hersteller, deren Produkte im ungünstigsten Falle gar entsorgt werden müssen. Dabei handelt es sich bei diesen Ausfällungen nicht um mikrobiologische Kontaminationen, sondern um natürlich entstandene Kristalle – deren Entstehungsmechanismen bisher jedoch nur unzureichend erforscht sind.

Aminosäure Tyrosin wird freigesetzt und auskristallisiert

Ob handwerklich oder industriell hergestellt: Die feste Textur, das ausgeprägte Aroma und die charakteristische rote Farbe von Rohschinken entstehen durch ein Zusammenspiel aus Pökeln, Trocknung, Reifung und – optional – Räucherung. Während dieses mehrwöchigen Prozesses wird dem Fleisch Wasser entzogen und die Haltbarkeit durch erhöhten Salzgehalt gesichert. Dieser Wasserentzug kann auch zu einer Übersättigung des im Produkt enthaltenen Restwassers führen. So ist bereits bekannt, dass die Aminosäure Tyrosin freigesetzt wird und auskristallisiert – entweder im Gewebe oder sichtbar an der Oberfläche. Je nach Lage verändern die Kristalle das Mundgefühl oder führen zu einer optischen Beeinträchtigung.

Das Problem für die Hersteller: Die Entstehung dieser Kristalle erfolgt nicht unmittelbar, sondern zumeist erst während der Lagerung oder im Handel – also lange nach der eigentlichen Produktion. Bisherige Versuche, über Anpassungen bei Temperatur, Feuchtigkeit oder Reifezeit gegenzusteuern, blieben weitgehend wirkungslos. Auch die Frage, warum sich die Kristalle unter bestimmten Bedingungen bevorzugt im Inneren oder an der Oberfläche bilden, ist bislang ungeklärt.

Ziel: Strategien zur Vermeidung entwickeln

Ein Fall für die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF)! Im Rahmen eines IGF-Projekts des FEI untersuchen derzeit zwei Forschungsteams des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück und der Universität Hohenheim die genauen Ursachen und Einflussfaktoren dieser Kristallbildung. Die Kernfragen:

• Warum findet die Ausfällung primär an der Oberfläche und innerhalb des Muskelgewebes statt?
• Nach welchem Zeitraum bilden sich Kristalle?
• Welche Komponenten – neben der Aminosäure Tyrosin – sind vor allem daran beteiligt?

Ziel der Untersuchungen ist es, diese Fragen zu beantworten, die komplexen Vorgänge während Trocknung, Reifung und Lagerung zu verstehen und daraus praxisnahe Strategien zur Vermeidung der unerwünschten Kristalle zu entwickeln. Durch gezielte Analysen wollen die Forschenden klären, unter welchen Bedingungen sich Kristalle im Gewebe oder auf der Oberfläche ablagern und welche Produkt- und Prozessparameter diesen Verlauf begünstigen oder hemmen.

Wirtschaftliche Folgen gravierend

Die Relevanz ist groß: Etwa 2 bis 3 Prozent der produzierten Rohschinken weisen regelmäßig sichtbare Beläge auf – ein scheinbar kleiner Anteil, der jedoch bei hochpreisigen Produkten mit aufwändiger Herstellung gravierende wirtschaftliche Folgen haben kann. Davon betroffen ist zudem nicht nur Rohschinken, sondern auch Rindfleischprodukte wie Bündner Fleisch oder Beef Jerky. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die in diesem Segment häufig tätig sind, können Reklamationen schnell existenzbedrohend werden – auch, weil die Ursachen bisher kaum beeinflussbar waren.

Detailliertere Informationen zum IGF-Projekt gibt es hier.

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