Schätzung des Muskelfleischanteiles von stationär leistungsgeprüften Zuchtschweineherkünften

Durch technische Neu- und Weiterentwicklungen in der Geräteklassifizierung wird eine immer zuverlässigere Beurteilung des MFLs sowie des Anteiles der wertbestimmenden Teilstücke des Schlachtkörpers ermöglicht. Die potentiell hohe Genauigkeit und der im Vergleich zur Stationsprüfung reduzierte manuelle Aufwand sind Ursache für die gesteigerte Attraktivität apparativer Klassifizierungsgeräte für die Schlachtkörperbeurteilung von stationär geprüften Reinzuchtschweinen. Die Selektionswürdigkeit des MFLs nach „Bonner Formel“ sowie die im Rahmen der apparativen AutoFOM Klassifizierung von stationär geprüften Rein- und Kreuzungszuchtschweinen erhobenen Merkmale wurden in der Untersuchung von Tholen et al. (2001) verifiziert. Für die AutoFOM-Schlachtkörpermerkmale wurden bei den Mutterlinien Deutsches Edelschwein (DE) und Landrasse (DL) sowie an Westhybrid Sauen angepaarte Piétrain- Besamungseber (Pi) mittlere Heritabilitäten (h2: ~0,2-0,4) und enge genetische Korrelationen (> 0,8) zum stationär erfassten Fleischanteil nach „Bonner Formel“ geschätzt. Bei Pi-Reinzuchtschweinen wurden – wie bei den übrigen Herkünften – hohe h2 für den MFL nach „Bonner Formel“, jedoch kaum von Null abweichende Werte für die Merkmale AutoFOM-Klassifizierung geschätzt.
Aufgrund resultierender Unsicherheiten wurde in einer nachfolgenden, derzeit laufenden Untersuchung überprüft, ob die Schätzgenauigkeit der „Bonner Formel“ und ausgewählter apparativer Klassifizierungsgeräte ausreicht, um die Schlachtkörperqualität von stationär geprüften Mastschweinen zu beurteilen. Die Untersuchung umfasst 202 in der Leistungsprüfanstalt (LPA) Haus Düsse nach den ALZ-Richtlinien gemästete Schweine der Vaterlinie Pi (N=19, Sauen), der Mutterlinien DE und DL (N=36, Börge) sowie gemischt geschlechtliche Endprodukte vom Typ Pi¥Westhybrid (N=74) und db-Eber65¥db-Sau (N=73). Das warme Schlachtkörpergewicht der Tiere variierte in einem stratifizierten Bereich von 75-115 kg. Neben der LPA-Routine erfolgte die Beurteilung des Schlachtkörpers am Schlachthof Hamm-Uentrop (Westfleisch) mit Hilfe der Systeme AutoFOM, Video-Imaging und FOM-Sonde. Im Institut für Tierzucht Mariensee der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) wurden die linken Schlachtkörperhälften im Magnet-Resonanz-Tomographen komplett vermessen und anschließend durch Mitarbeiter des Instituts für Fleischerzeugung der Bundesforschungsanstalt für Fleischforschung, Kulmbach und der FAL Mariensee nach EU-Methode vollzerlegt.
Erste Ergebnisse zeigen: Mit Ausnahme der Rasse Pi wird der MFL mit Hilfe der „Bonner Formel“ in allen Versuchsgruppen um durchschnittlich 3,0% überschätzt; deutlich geringere Abweichungen zur Zerlegung treten bei den übrigen Klassifizierungsgeräten auf. Das Bestimmtheitsmaß (R2) der Schätzung des MFLs aus der Zerlegung mit Hilfe des geschätzten MFLs „Bonner Formel“ erreicht nur bei den Mutterlinien DE und DL mit 71% ein zufriedenstellendes Niveau, während bei den übrigen Herkünften Werte unter 40% erzielt werden. Im Vergleich dazu liegen die Genauigkeiten der Klassifizierungsgeräte FOM und AutoFOM bei der Rasse Pi (R2: 53%; 48%) sowie den Kreuzungsendprodukten Westhybrid (78%; 57%) und BHZP (69%; 56%) auf deutlich höherem Niveau. Mit Hilfe der linearen, stationär festgestellten Speck- und Fleischmaße wurde versucht, eine verbesserte Anpassung der „Bonner Formel“ mittels Partial Least Square Techniken zu erzielen. Die so entwickelten Formeln führten bei den kommerziellen Hybriden und Pi zu einer erheblichen Verbesserung der Schätzgenauigkeit von +31% (Pi) und +21% (Endprodukte). Ebenfalls deutliche Genauigkeitszuwächse von +13% (Pi) und +6% (Endprodukte) waren bei Anpassung der AutoFOM Formel durch Verwendung der 127 AutoFOM Basis- Ultraschallmaße (Speck- und Fleischmasse) zu beobachten.

Fazit:
Die Genauigkeit der derzeit verwendeten „Bonner Formel“ zur Beurteilung der Schlachtkörperqualität von stationär geprüften Pi-Reinzucht und Kreuzungsendprodukten ist unzureichend; die Verwendung angepasster Formeln ist daher zu empfehlen. Die Genauigkeit apparativer Klassifizierungsgeräte erreicht bei stationär geprüften Schweinen vergleichbare Genauigkeiten wie der MFL nach „Bonner Formel“. Diese Beurteilungsverfahren stellen somit eine sinnvolle Ergänzung der Beurteilung von Schlachtkörpern stationär geprüfter Schweine dar.

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