Lemitec Kulmbach 50 Praxisraeume Fachschule

50 Jahre Lemitec in Kulmbach

Tagung und Tag der offenen Tür zum runden Geburtstag

Die Staatliche Fachschule für Lebensmitteltechnik in Kulmbach, kurz Lemitec, feiert Jubiläum: 50 Jahre – unter dem Motto „Aus der Praxis, mit der Praxis, für die Praxis“. Am 7. und 8. Juni 2024 hat die Schule deshalb zu einer Tagung und einem Tag der offenen Tür eingeladen. Und nicht nur ehemalige und aktuelle Schüler sowie Lehrkräfte kamen, auch die Fleisch- und Lebensmittelindustrie ließen sich nicht lumpen. Angeführt von Fleisch-Zar Clemens Tönnies als Überraschungsgast, fanden sich Spitzenkräfte der Branche nicht nur bei den Referenten, sondern auch im Publikum.

Durchwegs alle Referenten prognostizierten der Fachschule eine rosige Zukunft. Und das, obwohl sie aktuell, was die Schülerzahlen angeht, am sprichwörtlichen Stock geht. Deshalb stellte Alexander Battistella, Direktor der Lemitec, im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten das geplante neue Schulkonzept vor.

Lebensmittelproduktionstechnik mit drei Schwerpunkten

Die Lemitec will sich damit zukunftsfähig aufstellen und dem Fachkräftemangel im Lebensmittelbereich und der Gastronomie trotzen. Was aktuell ein ehrgeiziges Zeil scheint. Denn waren die Schülerzahlen in den vergangenen Jahrzehnten bisweilen dreistellig (ingesamt 1.660 Absolventen in 50 Jahren), sind es bei den aktuellen beiden Kursen zusammen gerade einmal 15 Schüler. „Das muss besser werden“, forderte nicht nur Dr Sylvia Pfaff, Geschäftsführerin FIS Europe, die die Tagung in der Stadthalle Kulmbach moderierte.

Alexander Battistella stellte die Neuausrichtung „seiner“ Bildungsstätte vor: Aus der bisherigen Fachschule für Fleischerei- und Lebensmittelverarbeitungstechnik wird zukünftig eine Fachschule für Lebensmittelproduktionstechnik. An ihr werde es künftig nicht mehr jeweils 30 Plätze für Fleischereitechnik und Lebensmittelverarbeitungstechnik geben, sondern 60 Plätze für Lebensmittelproduktionstechnik.

Die Umstrukturierung habe den Vorteil, dass es nur noch einen Lehrplan mit den Schwerpunkten Fleischerei-, Lebensmittel- und Backtechnologie geben werde. Diese sollen sich dann durch Vertiefungen auszeichnen. „Das komprimierte Konzept bietet einige Vorteile. Unabhängig von den Anmeldezahlen können alle drei Schwerpunkte in einer Fachrichtung angeboten werden“, sagte Battistella.

Die Schule erfindet sich immer wieder neu“

Warum es aktuell so wenig Schüler sind? „Unsere Karrierewege sind in der Bevölkerung viel zu wenig bekannt“, mutmaßte der Oberstudiendirektor. Was hilft? „Die Umbenennung zu Lebensmittelproduktionstechnik wirkt auf junge Fachkräfte attraktiver als der Titel Fleischtechniker.“ Als erstes Ziel nannte Battistella 25 neue Auszubildende zum Lebensmittelproduktionstechniker mit Kursbeginn 2025.

Was ihn optimistisch stimmt: „Die Schule erfindet sich immer wieder neu und hat ein außergewöhnliches Netzwerk.“ Mittelfristiges Ziel ist es, den Standort Kulmbach mit den verschiedenen Angeboten zu erhalten. Immerhin bietet er deutschlandweit die einzige Weiterbildungsmöglichkeit zum Bachelor Professional.

Bildet persönliche Netzwerke“

Michael Ascherl, Geschäftsführer von Ponnath, Die Metzgermeister, verwies als erster Gastreferent ebenfalls auf das Thema Netzwerke. „Bildet persönliche Netzwerke, nicht nur in den sozialen Medien”, empfahl er den Schülern und Absolventen des Berulichen Schulzentrums (BSZ), „und haltet diese Kontakte.“ Auslandserfahrungen könnten ebenfalls nicht schaden, „sie fördern nicht nur die Arbeits-, sondern auch die Sozialkompetenz.“

Einen Ausblick gab Michael Ascherl auch auf die zukünftige Entwicklung der Lebensmittelbranche. „Die vegan-vegetarischen Produkte werden immer mehr und immer besser“, sagte er, „aber parallel werden Wurst- und Fleischprodukte nie wegkommen.“ Die Branche brauche „keine weiteren Fleischersatzprodukte, sondern neue Produkte“.

Besser, günstiger, sicherer“

Dr. Mathias Warwel, Geschäftsführer der Ireks GmbH, formulierte die Anforderungen an die Lemitec-Absolvente aus Sicht von Foschung und Entwicklung. „Die Metzfereien und Bäckereien werden immer weniger aber größer.“ Diese Entwicklung müssten sie als Chance begreifen. Erfolgreich sei nur, wer Mehrwert biete: besser, günstiger, sicherer, mit besserer Ökobilanz und hoher Lieferfähigkeit.

Nicht nur in Fleisch denken“

Andreas Seydelmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Maschinenfabrik Seydelmann KG, präsentierte sein Unternehmen als „freundschaftlichen Partner der Lemitec“. Was Seydelmann von neuen Mitarbeitern erwartet: „Unsere Werte getreu dem Motto ‘Von Kunden für Kunden’ muss jeder Mitarbeiter verinnerlichen.“

Sein Personal solle „nicht nur in Fleisch denken, aber die Fleischproduktion ist ein Orientierungspunkt für andere Branchen“. Von der Ausbildung erwarte er die Vermittlung von Betriebsinformatik sowie technischen und praktischen Fähigkeiten. Technisches und anwendungstechnologisches Englisch sowie die Erarbeitung von Lehrplänen sollten ebenfalls Eckpunkte sein.

Erst einmal teure Lehrlinge“

Robert Becht, Geschäftsführer der Van Hees GmbH, machte den Absolventen zunächst einmal keine Illusionen: „Wenn ihr in die Betriebe rausgeht, seid ihr erst einmal teure Lehrlinge.“ Deutsche Fleischfachkräfte seien aber gerade international sehr gefragt, vor allem Techniker.

Gewünscht seien in der Zulieferindustrie gemischte Expertisen, dazu sehr gute Kenntnisse in Sachen Rohstoffe, Verarbeitungsverfahren, preiswert-innovative Lebensmittel, Englisch, KI & Digitales, Nachhaltigkeit und Umwelt. Es könne auch nicht schaden, topfit im Lebensmittelrecht zu sein und sich ein mikrobiologisches Bewusstsein zu erwarbeiten.

Netzwerker der Lemitec „klar im Vorteil“

Sebastian Winterhalter, Geschäftsführer der Metzgerei Gustav Winterhalter GmbH, formulierte die Anforderungen aus Sicht eines Metzgermeisters und Fleischtechnikers. Für ihn sollten die Absolventen firm sein in der Lebendbeschaffung der Tiere und im Einkauf, in den Herstellungsprozessen, im Lebensmittelrecht, in der Fleischtechnologie und in der Digitalisierung. Echte Führungskräfte glänzen für ihn mit „Mitarbeiterführung, Hands-on-Mentalität und Anpassungsfähigkeit“. Auch für in eine zentrale Anforderung: das Netzwerken. Gerade dabei seien die Kulmbacher Techniker „klar im Vorteil“.

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