Aufbau und Funktion der Proteine
H. WAGNER
Proteine und Peptide spielen in jeder Zelle aufgrund ihrer Vielzahl von Funktionen eine herausragende Rolle. Die Aneinanderreihung ihrer 20 Grundbausteine, der proteinogenen Aminosäuren, führt mit zunehmender Kettenlänge zu einer Zahl realisierbarer Verbindungen, die jedes Vorstellungsvermögen sprengt. Die durch die Faltung dieser Kette entstehende dreidimensionale Struktur, eventuell ergänzt durch weitere Protein- oder Nichtproteinkomponenten, bestimmt die Funktion der Moleküle, z.B. beim Auf-, Ab- und Umbau stoffwechselrelevanter Stoffe sowie deren Transport und Speicherung, koordinierte Bewegung, Stützfunktion, Immunabwehr sowie Informationsübermittlung. Für eine Systematik der Proteine kann außer der Funktion z.B. auch ihre Form, Größe, der Wirkungsort, die Zusammensetzung (falls Nichtprotein- bzw. prosthetische Gruppen vorhanden sind) oder ihre Löslichkeit herangezogen werden. In Bezug auf letztere sind Abhängigkeiten von pH-Wert und Salzkonzentration der Proteinlösungen zu beobachten. Ein weiterer Abschnitt behandelt die Grundlagen der Eiweißbestimmung in Fleisch(produkten).
Chemie von Fetten und Fettbegleitstoffen
S. MÜNCH
Fette (Triacylglyceride) und Fettbegleitstoffe werden als Lipide zusammengefasst, sie zeichnen sich durch ihre ausgeprägte Hydrophobizität aus. Die ernährungsphysiologische Bedeutung der Lipide beruht auf dem hohen Brennwert und dem Vor-kommen von essenziellen Fettsäuren und Vitaminen. Lipide besitzen für die Zube-reitung von Lebensmitteln bedeutende Eigenschaften wie z. B. ein hohes Lösungsvermögen für Geruchs- und Geschmacksstoffe. Die grenzflächenaktive Wirkung bestimmter polarer Lipide ist bei Emulgatoren ausschlaggebend. Lipide kommen in allen Lebensmitteln zumindest als Bestandteil von Membranen vor. Sie stellen zudem einen wichtigen Bestandteil von Lipoproteinen dar.
Die mit Abstand wichtigste Veränderung vor allem von ungesättigten Lipiden ist die Peroxidation, sie kann sowohl über eine Radikalreaktion (Autoxidation) als auch enzymatisch (Lipoxygenase-Katalyse) von statten gehen. Die Peroxidation ist eine sehr komplexe Reaktion, die von etlichen Parametern wie der Fettsäurezusammensetzung, der Konzentration an Pro- und Antioxidantien, dem verfügbaren Sauerstoff, der Oberfläche und den Lagerungsbedingungen wie Temperatur, Licht und Wassergehalt abhängig ist. Fleisch besitzt mit relativ großen Mengen an Schwermetallionen und Häm- bzw. Hämin-Proteinen ein beachtliches Potenzial an Prooxidantien. Aus den primär gebildeten Hydroperoxiden entsteht durch Folgereaktionen eine Vielzahl von flüchtigen und nichtflüchtigen Sekundär- und Tertiärprodukten. Zu den flüchtigen Verbindungen zählen sehr wirksame Aromastoffe, die schnell als negativ empfunden werden, wenn deren Gehalt eine bestimmte Schwelle überschreitet. Andererseits tragen sie in niedrigerer Konzentration aber häufig wesentlich zum erwünschten Aroma eines Lebensmittels bei. Durch den Zusatz von Antioxidantien wird eine merkliche Hemmung der Autoxidation erreicht, sie fangen die intermediär gebildeten Radikale ab.
Struktur und Funktion des Muskels
F. SCHWÄGELE
Fleisch besteht aus quergestreifter Muskulatur mit anhängendem Fettgewebe. Die quergestreiften Muskeln sind streng hierarchisch aufgebaut und werden mit Hilfe von Nervenreizen in Bewegung gesetzt, die vom Gehirn ausgehen. Bindegewebsstrukturen im Muskel dienen als Stützgewebe, die am Ende der Muskeln in Sehnen auslaufen und diese mit dem Knochengerüst verbinden. Muskeln sind wie alle Gewebe aus Zellen aufgebaut. Die Muskelzellen enthalten Myofibrillen, welche die Aufgabe der Kontraktion mittels Wechselwirkung zwischen dicken und dünnen Filamenten erfüllen. Innerhalb der Muskelzellen gibt es als wichtige Unterstruktur das sarkoplasmatische Reticulum, das in der Lage ist, Calciumionen zu speichern, die bei einem Nervenreiz im Muskel die Kontraktion auslösen. In einer weiteren Unterstruktur, den Mitochondrien, wird aus energiereichen Stoffen in einer komplizierten Abfolge von Reaktionen Adenosin-5´-triphosphat (ATP) erzeugt, das die Energie für die Muskelkontraktion liefert. Nicht nur für die Kontraktion selbst, auch für die Kontrolle der Kontraktion vor und nach einem Nervenreiz wird ATP benötigt.
Bei einer Kontraktion gleiten dicke und dünne Filamente der kontraktilen Einheiten ineinander, wobei sich als Grundstruktur der Myofibrillen die Sarkomeren verkürzen. Die in ATP vorhandene chemische Energie wird in mechanische Energie der Bewegung umgesetzt. Im ruhenden Muskel liegen dicke und dünne Filamente ohne Verbindung nebeneinander. Der Muskel ist dann weich. Während der Kontraktion treten diese miteinander in Wechselwirkung und verbinden sich. Mit Erschöpfung der ATP-Reserven post mortem kommt es zu einer dauerhaften Verbindung und der Rigor mortis, die sogenannte Totenstarre, tritt ein. Zu diesem Zeitpunkt ist die Festigkeit (Zähigkeit) des Fleisches besonders hoch.
Vom Muskel zum Fleisch
R. BINKE
Die Genuss- und Verzehrsfähigkeit, aber auch die Verarbeitungseignung sind die entscheidenden Qualitätskriterien für Fleisch. Die intensive Forschung der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet der postmortalen Veränderungen in der Muskulatur zeigte, dass die Fleischqualität ein komplexes, multivariables und in sich verflochte-nes System verschiedenster Einflussfaktoren, wie beispielsweise Genotyp, Fütte-rung, Schlachtprozess, Lager- und Kühlbedingungen ist. Ziel aller durchgeführten Arbeiten ist es letztlich, ein Qualitätssicherungssystem (QS) mit Hilfe geeigneter Messmethoden zu installieren, welches in der Lage ist, die Qualität des Schlachttierkörpers in kürzester Zeit nach der Schlachtung vorherzusagen.
Trotz der vielschichtigen und teilweise kontroversen Forschungsergebnisse zeigt sich, dass allein durch geeignete Schlacht- und Kühlführung Abweichungen in der Fleischbeschaffenheit, wie PSE-, DFD-Fleisch, Cold- und Rigor-Shortening deutlich minimiert werden können.
Vom Fleisch zum Produkt
Reifen – Erhitzen – Zerkleinern – Salzen
K. O. HONIKEL
Reifen oder Abhängen dient primär zur Erhöhung der Zartheit von Fleisch. Tierart, Tieralter, Geschwindigkeit der Kühlung nach dem Schlachten, Kühllagertemperatur, End-pH-Wert und die Zeitdauer der Reifung bestimmen die resultierende Zartheit, die durch muskelinterne Enzyme (Calpaine, Kathepsine) bewirkt wird.
Die Zartheit des Fleisches nach dem Erhitzen hängt darüber hinaus von den Zube-reitungsbedingungen ab. Mit zunehmender Erhitzungstemperatur und Dauer geht mehr Wasser oder bei fettem Fleisch auch Fett verloren. Dadurch wird Fleisch tro-ckener. Die Denaturierung von Proteinen beim Erhitzen verändert auch dessen Zartheit. 55 – 65 °C sind optimal.
Zerkleinern zerstört die hochgeordnete Struktur und Membranen von Stückfleisch. Dies bewirkt eine Verringerung der Zähigkeit, erlaubt ein leichteres Eindringen von Zutaten (z. B. Salz), erhöht aber die mikrobielle Kontamination und erlaubt den leichten Zutritt von Sauerstoff, der die Oxidation von Fetten bewirkt.
Während bei Frischfleisch die Zugabe von Salz bei der Zubereitung primär dem Ge-schmack dient, hat Kochsalz bei Fleischerzeugnissen weitere wesentliche wichtige Funktionen. Salz senkt durch die Ausbildung von Wasserhüllen um die Na+Cl- Ionen die Menge der frei verfügbaren Wassermoleküle (freies Wasser) und erniedrigt dadurch den aw-Wert. Viele Mikroorganismen werden am Wachsen im gesalzenen Produkt gehindert.
Salzionen führen als Gegenionen zwischen Proteinseitenketten mit -NH3+ und -COO- Ionen in Fleisch zur Quellung der Strukturen und begrenzt auch zur Lösung von fibrillären Proteinen. Dadurch werden Wassermoleküle gebunden (immo-bilisiertes Wasser).
Durch Salzionen werden darüber hinaus dreidimensionale Proteinstrukturen so verändert, dass hydrophobe (lipophile) Bereiche der Proteinketten an die Oberfläche gelangen. In einer hydrophilen (wässrigen) Umgebung binden diese lipophilen Strukturen an die Oberfläche von Fettteilchen und/ oder mit anderen hydrophoben Proteinstrukturen. Es entsteht ein hitzestabiles dreidimensionales Netzwerk.
Zutaten bei der Verarbeitung Wirkung und Wirkungsweise
H. WEBER
Im Jahre 1998 erfolgte die Umsetzung der EG-Richtlinien über Farbstoffe, Süßungs-mittel und andere Zusatzstoffe ins nationale Recht. Diese Neuordnung des Zusatzstoffrechtes beinhaltete eine Ausweitung der Verwendungsmöglichkeiten von Zusatzstoffen und pflanzlichen Lebensmitteln bei Fleischerzeugnissen. Zahlreiche Substanzen, die in Deutschland bisher nicht erlaubt waren, wurden zugelassen.
Betrachtet man die heutige Situation, dann kann festgestellt werden, dass in Deutschland von den neuen Möglichkeiten bis jetzt nur zögernd Gebrauch gemacht wurde und das Standardsortiment bei Fleischerzeugnissen weitgehend unverändert geblieben ist. Durch die Vorstellung neuer Produkte ist es zu keiner deutlichen Verschiebung der Angebotspalette gekommen, wenngleich der Trend zu Convenience-Produkten unvermindert anhält.
Chemische Vorgänge beim Pökeln und Räuchern
W. JIRA
Pökeln durch den Zusatz von Nitrit (in Nitritpökelsalz) weist antimikrobielle, antioxi-dative, Pökelrot- und Pökelaroma bildende Eigenschaften auf. Die komplizierten chemischen Vorgänge werden soweit bekannt beschrieben. Auch die mögliche Bildung von Nitrosaminen wird angesprochen.
Räuchern durch frisch erzeugten Rauch oder Flüssigrauch erzeugt eine Vielzahl von Substanzen mit antimikrobiellen, antioxidativen, geschmacklichen wie färbenden Eigenschaften. Aber auch unerwünschte polycyclische aromatische Kohlenwasser-stoffe können entstehen. Auf deren Mengen und gesundheitsschädigende Eigenschaften wird eingegangen.
Umweltkontaminanten – Wie viel und woher?
K.-H. SCHWIND
Umweltkontaminanten im Lebensmittel Fleisch sind rückläufig seit erkannt und vom Gesetzgeber rechtlich umgesetzt wurde, dass zu ihrer Rückführung eine Beschränkung und Minimierung der Einträge von unerwünschten Stoffen in die Umwelt aus den emittierenden Quellen unumgänglich ist. In Deutschland haben die eingeleiteten Maßnahmen gegriffen und nachweislich zu einem eindeutigen Rückgang geführt. Allerdings können jederzeit neue unerwünschte Stoffe in der Umwelt oder auf dem Weg über die Nahrungsketten in die Lebensmittel ausfindig gemacht werden, so dass auch deren Rückführung immer wieder von der Forschung erkannt und durch entsprechende gesetzliche Vorgaben untermauert werden muss.
Die ernährungsphysiologische Bedeutung von Fleisch
W. ARNETH
Fleisch stellt unbestreitbar ein Lebensmittel von sehr hoher ernährungsphysiologi-scher Qualität dar.
Fleischeiweiß enthält die für die Proteinsynthese des menschlichen Organismus benötigten Bausteine (Aminosäuren) in besonders günstiger Menge und Relation. Tierische Proteine (Fleisch, Milch, Fisch, Eier) besitzen deshalb eine hohe biologische Wertigkeit. Für pflanzliche Kost trifft dies nur in Ausnahmefällen zu.
Kein anderer Bestandteil tierischer Lebensmittel außer dem Cholesterin hat mit derart vielen Vorurteilen zu kämpfen wie das Fett. Die Warnung vor den gesättigten tierischen Fetten gehört zu den Standardbotschaften. Eine Vielzahl von Studien belegt jedoch, dass der Verzehr tierischer Fette zu keinem Anstieg koronarer Herzkrankheiten geführt hat. Eine generelle Warnung an tierische Fette ist deshalb nicht gerechtfertigt.
Wie eine Fülle von Studien gezeigt hat, übt das Nahrungscholesterin beim gesunden Menschen kaum einen Einfluss auf die Höhe des Blutcholesterinspiegels aus. Generelle Empfehlungen, den Verzehr tierischer Lebensmittel aus diesem Grund einzuschränken, sind deshalb unberechtigt.
Kein weiteres Hauptnahrungsmittel leistet einen vergleichbar hohen Beitrag zur Versorgung mit den essenziellen Spurenelementen Eisen, Selen und Zink. Fleisch bildet mit einem Drittel die bedeutendste Eisenquelle unserer Nahrung. Man schätzt, dass auch 35 % des Selens und 30 % des Zinks über Fleisch(erzeugnisse) aufgenommen werden.
Vor allem die kritischen Vitamine der B-Gruppe (B1, B2, B6, B12, Folsäure) kommen in Fleisch in beträchtlicher Menge vor. Vitamin B1 stammt zu mehr als der Hälfte, Vitamin B2 zu etwa zwei Dritteln aus tierischen Lebensmitteln. Fleisch und Fisch stellen auch besonders gute Quellen für Vitamin B6 dar. Vitamin B12 wird in nennenswerten Mengen ausschließlich in tierischer Kost gefunden. Die Folsäure-Versorgung gilt in Deutschland als nicht ausreichend gesichert. Die ergiebigsten Folat-Quellen sind Leber und Niere.
Vegetarier weisen gegenüber Nichtvegetariern eine bessere gesundheitliche Verfassung auf. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass dies ausschließlich auf die Ernährungsweise zurückführen ist. Wahrscheinlich hängt es mit dem insgesamt gesünderen Lebensstil dieser Menschen zusammen.