Anna Quinz: Mit Leidenschaft dabei

Als Quereinsteigerin arbeitet Anna Quinz (24) seit fünf Jahren an der Bedientheke – erst in einer Metzgerei eines Rewe-Marktes, seit drei Jahren in der Metzgerei Holzer in Wörth-Wifling. Im Januar schloss sie zudem die Weiterbildung „Meat Specialist Sales“ mit Note 1 ab.
Dabei war ihr Weg in den Fleischerei-Fachverkauf nicht so klassisch wie üblich. Das kam so, wie sie mir vor Ort berichtet. Nach ihrem Qualifizierenden Hauptschulabschluss vor zehn Jahren lernte sie Zahnarzthelferin, arbeitete mit Abschluss weiter. Es folgte die Corona-Pandemie – und Kurzarbeit. „Ich habe mein Leben stets finanziell selbst gestemmt“, sagt sie. Daher suchte sie einen neuen Job. Und fand ihn in einer Metzgerei eines Rewe-Marktes im Landkreis Ebersberg. Nebenbei jobbte sie zusätzlich im Verkauf, z.B. in einem Geschäft für Trachtenmode. „Nach einem halben Jahr an der Bedientheke war ich in Sachen Wurst verkaufen und Kunden beraten topfit“, berichtet sie. Für den Verkauf von Fleisch waren dort zwei Kollegen zuständig. Doch zufrieden war sie nicht.

„’Ja, Metzgerei – das ist es’“

Foto: M. Theimer

Vor drei Jahren jobbte sie beim Maibaum-Aufstellen in einem Ort ihrer Region in einem Getränkestand. Dort traf sie Philipp Gantner, Inhaber der Metzgerei Holzer, der sie fragte, ob sie bei ihm arbeiten wolle. Sie sagte zu und startete bei ihm und seiner Mutter Rita am 1. Juli 2022. „Beide waren sehr sympathisch. Das familiäre und berufliche Klima hier gefiel mir. Ich wurde herzlich aufgenommen. Sie nahmen mich in einer schwierigen Zeit auf. Ich verdanke ihnen sehr viel“, betont sie. Daher sei die Metzgerei ihre zweite Familie. Ihre Mutter – gelernte Landwirtin – arbeitet auch in einer Metzgerei und bestärkte sie im Jobwechsel. Auch ihre Tante und ihr Patenkind lernten Fleischerei-Fachverkäuferinnen. Sehr viel im Fachverkauf lernte sie von Rita Gantner. „Eines Tages stellte fest: ‘Ja, Metzgerei – das ist es’“, sagt sie. Sie arbeitet 40 Stunden an sechs Tagen. Neben dem Fachverkauf und der Beratung an der Theke richtet sie u.a. Bestellungen für Privat- und Großkunden oder den Web-Shop her und hilft bei Bedarf in den Filialen in Isen und Kirchseeon aus. „Nur in Sachen Fleisch war ich noch nicht fit, wollte mehr wissen“, ergänzt sie. Daher meldeten sie ihre Chefs für den „Meat Specialist Sales“-Kurs an der Fleischerschule in Augsburg an.

Weiterbildung mit Tiefe

Der dreitägige Kurs im Januar war der vierte seit dem Start der Weiterbildung im Herbst 2023. „Obwohl ich die Jüngste war und die einzige ohne klassische Ausbildung, bin ich sehr wissbegierig. Und war aufgeregt, was auf mich zukommen würde“, berichtet sie. Mit Rita Gantner hatte sie über einen „Basic-Kurs“ nachgedacht, nur Philipp Gantner wusste, dass es dabei um viel mehr ging, als nur um Basiswissen in Sachen Fleisch. Anna Quinz dachte, es würden Grundlagen vermittelt. „Doch dann ging es um Special Cuts von Rind und Schwein wie Flat Iron oder Presa. Ich ließ mich darauf ein und war positiv überrascht“, sagt sie. Dozenten waren Dipl.-Fleischsommelier und Erfinder des Kurses Ronny Paulusch, Metzgermeister und Sternekoch Wolfgang Müller und der 2022er-Metzgerweltmeister und Berliner Fleischermeister Jörg Erchinger. Sie vermittelten in Theorie und Praxis Fleischwissen, das in klassischen Ausbildungsverordnungen fehlt.

„Da habe ich einiges gelernt“

Foto: M. Theimer

Es ging um Fleisch in der Ernährung, Regionalität, wie man diese Kunden vermittelt und um Unterschiede von Fleisch – vor allem Steaks – verschiedener Rinderrassen bzw. Schwein und Altersstufen. „Wir haben auch Fleisch zugeschnitten. Da habe ich einiges gelernt“, sagt sie. An Tag 3 bereitete Wolfgang Müller Fleischgerichte zu und gab allerlei praktische Tipps für den Verkaufsalltag an der Theke. „Auch in Sachen ‘nose-to-tail’, was ich sehr wichtig finde. Respekt vor dem Tier zu haben, auch das kann man den Kunden vermitteln. Ich bin ja auf einem Bauernhof groß geworden“, sagt die 24-Jährige. Es sei eine tolle, bunt gemischte Gruppe unterschiedlichen Alters und Vorkenntnissen gewesen. Noch am Vorabend der Prüfung habe man in Kleingruppen gelernt. Schriftlich galt es Fragen richtig anzukreuzen und in eigenen Worten zu beantworten, praktisch wurde u.a. ein Beratungsgespräch mit einem schwierigen Kunden simuliert, der das Wissen seines Gegenübers in Frage stellt. Sie bestand mit Bestnote und hatte Tränen in den Augen.

Im Alltag punkten

In der Metzgerei wendet sie ihr neu gewonnenes Wissen an. „Ich bin viel sicherer beim Umgang und Beraten mit Fleisch und gebe Empfehlungen bei Special Cuts – über Filet, T-Bone und Entrecote hinaus. Mein erster Flat Iron-Zuschnitt im Kurs bleibt in Erinnerung. Auch eine Rindernuss kann ich zuschneiden. Flanksteak, Secreto, Picanha oder Pluma, es freut mich, das Gelernte weiterzugeben“, ergänzt sie. Den Kurs empfiehlt sie gerne weiter. Nach dem erfolgreichen Abschluss gab es gleich einen Facebook-Post der Metzgerei: „Da war ich schon sehr stolz“, grinst sie.
Anna Quinz hat in den vergangenen Jahren eine echte Leidenschaft für ihren neuen Beruf entwickelt, den Jobwechsel nie bereut. Auch der höhere Lohn war entscheidend für den Wechsel von der Zahnarztpraxis über den Supermarkt in den handwerklichen Familienbetrieb. „Jeder Tag ist anders, immer ist was tun. Ich komme gerne zur Arbeit, was zuvor nicht immer so war. Ich mag den Kontakt mit Menschen. Man kann so viel Positives mitnehmen und den Kunden mitgeben“, sagt sie abschließend. So ist es. Marco Theimer

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