DFV-Präsident Rycken: “Dieser Schritt ist uns nicht leicht gefallen. Seit Jahren haben wir in Bonn, Berlin und Brüssel auf die Probleme hingewiesen, die im Zusammenhang mit den jetzt bestehenden Regelungen zur Rindfleischetikettierung auftreten. Jetzt ziehen wir die Konsequenzen, um Schaden von unseren Betrieben abzuwenden.” Ursache für die Empfehlung seien letztendlich die überzogenen bürokratischen Anforderungen, die mit der Etikettierung verbunden sind.
Gesetzliche Änderungen und zusätzliche Forderungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) machten es in der Vergangenheit immer wieder erforderlich, die Spezifikation für die IFF-Rindfleischetikettierung anzupassen und zu ergänzen. Trotz vieler Gespräche, die der DFV mit den zuständigen Behörden geführt hat, konnten die unterschiedlichen Auffassungen nicht ausgeräumt werden.
Das IFF-Rindfleischetikettierungssystem wurde im Jahre 1998 ins Leben gerufen, um auch den handwerklichen Betrieben zu ermöglichen, auf die regionale Herkunft von Rindfleisch oder auf besondere Qualitäten hinzuweisen. Zum damaligen Zeitpunkt seien die gesetzlichen Vorgaben hierfür überschaubar und praktikabel gewesen, so der Präsident des Deutschen Fleischer-Verbandes. Nun fordert die BLE neben der Angabe von Referenznummern und EU-Zulassungsnummern in der Theke auch “Zerlegeprotokolle” und “Thekenbestückungsprotokolle” sowie einen Mengenabgleich.
Rycken: Eine umfassende Verbraucherinformation halten wir nach wie vor für richtig und wichtig. Keinen Informationswert für den Verbraucher haben allerdings Zulassungs- und Referenznummern in der Theke. Und welchen Nutzen es für den Verbraucher haben soll, dass wahrheitsgemäße Aussagen wie frisch oder geprüfte Herkunft überhaupt nicht mehr verwendet werden dürfen, bleibt ohnehin fraglich.
Völlig unbefriedigend und praxisfern ist nach Ansicht Ryckens die Auffassung der BLE, dass alle Angaben, die in Verbindung mit Rindfleisch gemacht werden, genehmigt werden müssen. Eine Genehmigung ist allerdings nur dann möglich, wenn diese Angaben eindeutig definiert und aufwändig dokumentiert werden. “Abgesehen davon bringt die Kontrollpraxis der BLE unsere Betriebe in paradoxe Situationen, in denen sie trotz gesicherter Rückverfolgbarkeit mit Anfragen und Auflagen der BLE überzogen werden. Selbstverständliche und richtige Aussagen wie ‘gut gelagert’ oder ‘beste Qualität’ werden untersagt und mit unverhältnismäßigen Bußgeldern bedroht”, erläutert der DFV-Präsident.
Damit ist es an der Bedienungstheke nahezu unmöglich geworden, Rindfleisch mit besonderen Angaben, z.B. zur regionalen Herkunft, entsprechend den Vorstellungen der BLE ohne Beanstandung in den Verkehr zu bringen. Die politischen Wunschvorstellungen nach regionalen Kreisläufen und Unterstützung von bäuerlichen Betrieben werden damit konterkariert.
Trotz vieler Aktivitäten des DFV konnte bisher keine befriedigende Lösung für die handwerklichen Betriebe und keine Rechtssicherheit gefunden werden. Keine Bewegung in die deutsche Verwaltungspraxis brachte der Informationsbesuch der Kommission, bei dem in Übereinstimmung mit den Wirtschaftsbeteiligten festgestellt wurde, dass Einzelbestimmungen der Etikettierungsvorschriften bei der Abgabe von loser Ware schlichtweg nicht umzusetzen sind. Der Kommissionsbericht empfiehlt deshalb, bei der nationalen Umsetzung die vorhandenen Spielräume zu nutzen.
Der DFV ist nunmehr nicht länger bereit, diesem bürokratischen Übereifer nachzukommen und empfiehlt seinen Mitgliedsbetrieben deshalb, sich auf die obligatorischen Angaben zu beschränken.
“Die Fleischer-Fachgeschäfte werden damit auch weiterhin dem Informationsbedürfnis der Verbraucher gerecht. Wir steigen nicht aus der Verbraucherinformation, sondern aus dem Bürokratismus aus”, ergänzt Rycken
Wenn die Betriebe der DFV-Empfehlung folgen, dürfen nach dem Gesetz in Zukunft schriftlich keine freiwilligen Angaben bei der Abgabe von Rindfleisch gemacht werden. Sie müssen sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen (“obligatorischen”) Angaben (Geburt, Mast, Schlachtung, Zerlegung) beschränken. Die Kontrollen werden in diesem Fall von den staatlichen Behörden durchgeführt.
Der DFV hat die Betriebe darüber informiert, dass auch bei der obligatorischen Etikettierung die Referenznummern und die Zulassungsnummern des Schlachtbetriebes und der Zerlegebetriebe angegeben werden müssen. Rycken: “Die Rückverfolgbarkeit auf das Tier bzw. eine Gruppe von Tieren muss gesichert und dokumentiert werden. Die Vorgaben der IFF-Etikettierung können hier als Umsetzungsanleitung betrachtet werden. Für die Zukunft werden wir den Betrieben, die zusätzlich noch freiwillige Angaben machen wollen oder müssen, eine Alternative anbieten.”