Folgen des Russland-Embargos

Im Rahmen eines IAMO Symposions in Mailand zeigten Experten u.a. auf, wie der Einfuhrstopp und die Rubelabwertung 2015 zu fallenden Nahrungsmittel-Importen und steigenden Preisen in Russland führten. Das Symposion zu den Auswirkungen des im August 2014 erlassenen russischen Einfuhrverbots für im Westen erzeugte Nahrungsmittel wurde vom Hallenser Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO organisiert. Dr. Ekatarina Krivonos von der UN Food and Agricultural Organisation (FAO) präsentierte detaillierte Zahlen zur Handelsumlenkung nach Produktgruppen. Ihrzufolge verloren EU-Erzeuger einen erheblichen Marktanteil an Schweine- und Geflügelfleisch an Brasilien, obwohl Russland die inländische Erzeugung beider Produkte leicht steigern konnte. Durch steigende Preise und eine zurückgehende Kaufkraft des Rubels rechnet sie mit einem fallenden Nahrungsmittelverbrauch. Dr. Andrey Tkachenko von der Higher School of Economics (HSE) in Moskau zeigte, dass die Preiseffekte in verschiedenen Regionen Russlands unterschiedlich ausfallen. So zogen die durchschnittlichen Preise in den fischerzeugenden Regionen weniger an als in denjenigen ohne nennenswerte Fischlieferanten. Zugleich stiegen die Preise stärker in den westlichen Grenzregionen des Landes. „Diese Unterschiede sind wahrscheinlich auf eine verzögerte Anpassung der inländischen Handelsflüsse an das Embargo zurückzuführen“, sagte er.

 

Prof. Martin Petrick (IAMO) hält es für unwahrscheinlich, dass Russland in naher Zukunft unabhängig von eingeführten tierischen Lebensmitteln und werthaltigen pflanzlichen Produkten wie Obst und Gemüse werde. Aus seiner Sicht fehlen vor allem landwirtschaftliche Unternehmerpersönlichkeiten und ein leistungsfähiger institutioneller Rahmen für die Einrichtung von Wertschöpfungsketten. „Der derzeitige Schwerpunkt auf Kapitalspritzen durch die Regierung wird wenig helfen“, fügte er hinzu, „viele Agrarbetriebe ächzen unter einer hohen Schuldenbelastung. Sofern eine Integration in die Weltmärkte und durchgreifende institutionelle Reformen aus politischen Gründen unerwünscht sind, fehlt es nach wie vor an einer überzeugenden Politik-Alternative.“ Zudem könnte eine Steigerung der tierischen Erzeugung im Inland den derzeitigen Produktionsüberschuss bei Getreide wieder zunichtemachen, da größere Tierbestände auch zu einer erhöhten Nachfrage nach Futtermitteln führten, unter Verweis auf die Erfahrungen der Sowjetunion in den 1970er Jahren.

 

Entgegen den Erwartungen spürt Kasachstan bisher fast nur nachteilige Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen, wie Dauren Oshakbayev, unabhängiger Experte aus Astana, erläuterte. Entlang der nördlichen Grenzregionen mit Russland überlagerte die massive Abwertung des Rubels jegliche Nachfrageeffekte aus dem Nachbarland. „Im 1. Hj. 2015 mussten kasachische Lebensmittelverarbeiter durch den Importdruck aus Russland Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahr im zweistelligen Bereich hinnehmen“, fügte er hinzu. Er stellte fest, dass sich die Angaben der statistischen Ämter Russlands und Kasachstans zum bilateralen Handel um bis zu 75 % unterschieden, so dass ein verlässliches Bild atsächlich geflossener Warenströme kaum zu zeichnen sei. www.iamo.de

 

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