“Für Sie folgt auf den Teufel stets der Beelzebub”, mit diesem Hinweis auf die nicht endenden Herausforderungen leitete Dr. Karl Otto Honikel als Leiter der Bundesanstalt für Fleischforschung die Tagung der Carry-over-Gruppe des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ein. “Trotzdem stehen wir nicht auf verlorenem Posten”, ergänzte Prof. Hans Schenkel, Universität Hohenheim in seinem Vortrag zu den Schwermetallen. Gerade in diesem Bereich hat sich durch fundierte Politikberatung und folgerichtige Gesetzgebung einiges gebessert. Heute sind etwa für Blei und Cadmium, aber auch für Nickel und Vanadium die kritischen Konzentrationen in Futter- und Lebensmitteln, aber auch die jeweils bevorzugten Zielorgane bestens bekannt. Dies hat möglich gemacht, mit einem weitmaschigen Raster von Bioindikatoren – das sind Pflanzen und Tiere mit gut wieder findbaren Schadstoffgehalten – die aktuelle Rückstandsituation zutreffend abzubilden. Nur so war etwa nachzuweisen, wie rasch bleifreies Benzin auch bleifrei für die Nahrung bedeutet.
Wenn Dr. Albrecht Blüthgen von der Kieler Bundesanstalt für Milchforschung über DDT, Dioxin und andere Organochlorverbindungen berichtete, so ging es ihm dabei um Substanzen, die noch in geringsten Konzentrationen unerwünschte Effekte haben können. Die Höchstmengenverordnung, die die eben noch zulässige Konzentration der Schadstoffe in Lebensmitteln definiert, greift gerade bei solchen Kontaminanten. “Besser als zulässige Höchstwerte in Lebensmitteln festzusetzen, wäre aber,” so mahnte der erfahrene BAFF-Forscher Dr. Hermann Hecht an, “die Quellen zu verstopfen, also überall dort, wo verbrannt wird, regelnd einzugreifen.” Unter den Organochlorverbindungen ist das Pflanzenschutzmittel DDT seit Jahrzehnten nahezu weltweit verboten und verschwindet langsam aus den Ökosystemen. Schwierig dagegen bleibt das Dioxin, Resultat der unvollständigen Verbrennung organischer Materialien, die es seit jeher gegeben hat, die sich aber seit der Industrialisierung verstärkt. Dennoch gelingt es z. B. durch gesetzlich vorgegebene Emmissionsminderungen diese Substanzgruppe wie auch andere polychlorierte Verbindungen (PCB) in Schach zu halten. Besorgnis erregend nur, dass immer neue chemische Verbindungen mit immer blumigeren Abkürzungen (PCDD/PCDF) unsere Nahrungsnetze belasten und zu sich ihrerseits vernetzenden Risiken führen.
Mutterkorn als Pilzgift mit pharmakologischer Wirkung ist seit alters her bekannt. Die krankmachende Wirkung anderer Mykotoxine in Futter- und Lebensmitteln wurde jedoch lange Zeit zu wenig hinterfragt, wie Dr. Joachim Wolff von der Detmolder Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung in seinem Referat beklagte. Daher sind nur für die prominentesten dieser Gruppe (etwa Aflatoxin und Ochractoxin) die Carry-over-Mechanismen vom Acker über das Nutztier bis in das Blutserum oder die Muttermilch des Menschen gut bekannt.
Die landwirtschaftlichen Nutztiere übrigens sind weniger gut als Untersuchungsobjekt der Carry-over-Forschung geeignet: Sie sind generell wenig mit Schadstoffen kontaminiert, nicht zuletzt die Schlachtung relativ junger Tiere verhindert deren Akkumulation. Es sind die Wildtiere, die zunehmend Bedeutung als Bioindikatoren erlangen. Frau Dr. Frieda Tataruch von der Universität Wien erläuterte hierzu, dass vor allem Orts treue Pflanzenfresser wie Reh und Feldhase zuverlässige Spiegelbilder der Umweltkontamination mit Schwermetallen, aber auch mit radioaktiven Isotopen abgeben. Interessant dabei auch, dass Geweihproben Rückschlüsse auf den jeweiligen Umweltzustand einer Region, noch bis in archäologische Zeit zurück, zu lassen – das Knochen artige Gewebe konserviert Informationen bis zum heutigen Tag. In der historischen Dimension schlossen dann auch die letzten Vorträge die Tagung ab: Der Rückblick auf 30 Jahre Schwermetallforschung und die Beeinflussung der Gesetzgebung durch Forscherfleiß sind die Erfolgsstory eines schon traditionell recht verstandenen Verbraucherschutzes. “Das hat auch mit Ihnen zu tun”, lobte Ministerialrat Dr. Uwe Petersen aus dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unter Hinweis auf Dr. Hermann Hecht aus der Bundesanstalt für Fleischforschung und seine jahrzehntelange Tätigkeit als Vorsitzender der Carry-over-Gruppe.