London. Big Brother is watching you. Nicht nur, dass genau aufgepasst wird, wie lange man sich zur Mittagspause vom Arbeitsplatz wegbewegt, bald auch wird kontrolliert werden, was so in den Kantinen verspeist wird. Kalorienzählen – so die Prognose – wird dann nicht nur die Obsession der Gewichtsbesessenen sein, sondern auch die der Arbeitgeber. Das auf jeden Fall ist die Auffassung der Firma “Energise”, die sich mit Fragen der Ernährungserziehung befasst. Tatsächlich beschäftigen sich größere Firmen schon längerer Zeit ernsthaft mit der Ernährungsweise ihrer Angestellten. Nicht, dass sie besorgt darüber sind, dass viele der Mitarbeiter ihre eigenen Diätmaximen nicht einhalten. Bedenken hat eine repräsentative Studie ausgelöst, die besagt, dass ein Viertel der Berufstätigen keine Mittagspause einlegt und sehr ungesund isst. Daraus resultiert nicht, wie früher angenommen, dass die Leute länger und härter arbeiten. Im Gegenteil: Eine fehlende Mittagsmahlzeit führt zu niedriger Produktivität und erhöhten Fehlzeiten. “Wenn die Arbeitgeber das Optimale aus ihren Mitarbeitern herausholen wollen, müssen sie sich mit deren Essensgewohnheiten beschäftigen”, so Penny Hunking, Managementdirektor von Energise.
In der bekannten Marketingfirma Wolff Olins ist man inzwischen erfolgreich dabei, diese Maximen umzusetzen. Als erstes wurde durchgesetzt, dass Mittagszeiten wirklich wahrgenommen werden. Nach anfänglichen Zögerlichkeiten beginnen inzwischen fast alle Mitarbeiter um 13.00 Uhr ihre einstündige Mittagspause. In der Betriebskantine wird eine große Auswahl an frischen Salaten und ein ausgewogenes Essen angeboten, so dass der Konsum an fettigen Kartoffelchips und Schokoladenriegeln langsam rückläufig ist. “Die Pause ist genauso wichtig wie das Essen. Für die Kreativität und Produktivität ist die eine Stunde entfernt vom Schreibtisch so bedeutsam wie das Wochenende”, so Jane Houghton, die für die Küche und das Restaurant bei Wolff Olins zuständig ist.
Die Firma Deloitte Consulting ist inzwischen noch einen Schritt weiter gegangen. Sie offeriert ihren Angestellten kostenfreie Workshops zu Ernährungsfragen. Mitinhaber John Everett entschied sogar, den Mitarbeitern private Konsultationen zu bezahlen, um deren spezielle Ernährungssituation herauszuarbeiten und sie zu beraten. Das Angebot, so Everett, wurde zu 100 Prozent angenommen. In Kombination mit einem ausgewogenen Mittagsangebot sind die Fehlquoten der Mitarbeiter seitdem markant gefallen. (K.S.)