Ein geeignetes Hürdentechnologiekonzept kann dabei von Nutzen sein. Als Hürden dienen üblicherweise Kühllagerung, Vakuumverpackung, niedrige pH-Werte, kurzkettige Fettsäuren, Nitrit und niedrige aw – Werte. Für bestimmte Erzeugnisse wurde auch der Einsatz von Schutzkulturen und Bacteriocinen als natürliche Alternative bzw. Ergänzung bestehender chemisch-physikalischer Hürden vorgeschlagen.
Neuerdings werden von Teilen der Zulieferindustrie offenbar auch fragwürdige Wege beschritten. Durch Hinweise aus der Praxis der Lebensmittelüberwachung und aus der Literatur wurden wir auf Produkte aufmerksam, die für die Oberflächenbehandlung von Fleisch aber auch als Zusatz für Fleischerzeugnisse empfohlen werden und auf der Basis von Kräuterextrakten eine ungewöhnlich effiziente und breite Wirkung gegen unerwünschte Mikroorganismen versprechen.
Eigene Untersuchungen zeigten, dass die fraglichen Präparate in vitro tatsächlich in vergleichsweise niedriger Konzentration sowohl gegen GRAM-negative als auch GRAM-positive Bakterien aktiv waren. Die Herstellerangaben zur Zusammensetzung dieser Präparate (Kräuterextrakte mit Natriumcitrat, Kochsalz oder Natriumacetat) alleine konnten diese Wirkung nicht erklären. Bei der Suche nach dem antimikrobiellen Prinzip wurden mittels präparativer HPLC zwei antimikrobielle Fraktionen isoliert, deren Hauptkomponenten aufgrund massenspektrometrischer Messungen als Benzalkoniumchlorid (BAC) identifiziert wurden.
BAC ist eine quartäre Ammoniumverbindung mit einer bekannten, starken und sehr breiten antimikrobiellen Wirkung. Es wird wie einige andere verwandte quartäre Ammoniumverbindungen als Desinfektionsmittel in vielen Anwendungs-bereichen, hauptsächlich auf Oberflächen, eingesetzt. Als Lebensmittelzusatzstoff ist es dagegen nicht zugelassen.
Zur chemisch-analytischen Bestimmung von BAC wurde eine HPLC-Methode entwickelt, die den bisher zur Verfügung stehenden Methoden deutlich überlegen ist. Die untersuchten Zusatzstoffe enthielten demnach 1-1,5% BAC. Zusätzlich wurde ein Verfahren zum Nachweis von BAC in Hackfleisch entwickelt. Damit war es möglich, BAC in den Konzentrationen im Fleisch nachzuweisen, wie sie nach den Empfehlungen der Hersteller zu erwarten sind (0,003% BAC im Frischfleisch).
Untersuchungen der antimikrobiellen Wirkung von BAC in Hackfleisch zeigten, dass bei einer Anwendung der BAC-haltigen Präparate entsprechend den Herstellerempfehlungen eine Abtötung oder Hemmung unerwünschter Mikroorganismen nicht erfolgt. Selbst bei 4 – fach höherer Konzentration war keine antibakterielle Wirkung zu erkennen.
Unsere Untersuchungen zeigen somit, dass 1. die Kräuterextrakten zugeschriebene antimikrobielle Wirkung der untersuchten Zusatzstoffe auf dem Desinfektionsmittel BAC beruht und 2. der BAC – Gehalt der Präparate zu niedrig ist, um bei der empfohlenen Zusatzmenge zu Hackfleisch bzw. Hackfleischerzeugnissen eine signifikante antimikrobielle Wirkung zu erzielen.
Die Hersteller von Fleischwaren sollten daher großen Versprechungen natürlicher Konservierung durch Kräuterextrakte mit Vorsicht begegnen.