Was wir nicht essen

Der Fleischatlas Extra der Heinrich-Böll-Stiftung nimmt den Fleischabfall und die Verschwendung genauer unter die Lupe.

 

„Ein schonender Umgang mit Nahrungsmitteln ist ein Schlüsselfaktor im Kampf gegen Hunger und Umweltzerstörung“ sagte Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. „Doch wir essen und verschwenden zu viel, gerade Fleisch“, so Unmüßig.

 

2013 wurden in Deutschland Tiere mit einem Lebendgewicht von rund 11,2 Millionen Tonnen produziert. Doch nur die Hälfte bis ein Drittel davon wird in Deutschland gegessen – zum Verzehr gelangen neben diversen Wurstwaren vor allem Filetstücke oder Koteletts in die Kühlregale der Supermärkte. Der Rest ist industrieller Rohstoff: Für die Herstellung von Haustierfutter, Düngemittel, Gesichtscreme oder von „Biokraftstoff“ in der Energiewirtschaft. (siehe Graphik unten)

Das ist aber noch nicht alles: 4,3 kg Fleisch wirft der Endverbraucher außerdem pro Jahr im Durchschnitt weg. Oder, auf ganz Deutschland hochgerechnet, im Jahr 346 Millionen Kilo der „besten Stücke“ der Tiere – umgerechnet über 8500 LKW der 40t Klasse.

 

„Das Problem der Verschwendung von Nahrungsmitteln fängt allerdings nicht erst beim Endkonsumenten an”, erklärte Barbara Unmüßig. „Wenn die industrielle Nutzung von Tieren als klimaneutraler Rohstoff für Chemie- und Energiewirtschaft angepriesen wird, dann ist das nur möglich, weil zahlreiche soziale und Umweltkosten der Massentierhaltung nicht eingepreist werden. Die industrielle Tierproduktion belastet die Böden, das Trinkwasser und nimmt für Futtermittel riesige Agrarflächen in den Ländern des globalen Südens in Anspruch, die dort für die heimische Nahrungsmittelproduktion fehlen“, so Unmüßig weiter.

 

Die industrielle Fleischproduktion trage dazu bei, dass sich die Schere zwischen denen, die Verschwenden können und denen, die die nicht genug zu essen haben, immer weiter öffne. „Wenn diese Woche in Rom die UN-Kommission für Welt-Ernährungssicherheit tagt, werden Themen wie Nahrungsmittelabfälle und Nachernteverluste eine zentrale Rolle spielen. Denn sie sind eine der Antworten darauf, wie mehr Nahrungsmittel zur Verfügung stehen können, ohne die Anbauflächen zu erweitern und Ressourcen stärker zu belasten“, unterstrich Unmüßig.

 

Christine Chemnitz, Referentin für Agrarpolitik der Stiftung, bekräftigte diesen Zusammenhang: „Ein umsichtiger und wertschätzender Umgang mit Nahrung ist ein zentraler Lösungsansatz für weniger Hunger. Es ist nicht zu vertreten, dass bei einem hohen deutschen Konsum von 60 kg Fleisch pro Person im Jahr auch noch 7% direkt in den Müll wandern. Umgerechnet sind das 45 Millionen Hühnchen, 4 Millionen Schweine und 200.000 Rinder, deren Mästung und Tod vermeidbar gewesen wären.“

 

 

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